Archiv für die Kategorie La Fraternidad

Die zuckersüße Realität

Und es geht wieder ein bisschen weiter!

Nachdem hier die letzte Zeit hauptsächlich mit Alltag und Englischunterricht vollgestopft war, sind weder großartige Reisen, noch sonst irgendwas entstanden. Ein paar Fotos habe ich immerhin zusammengebracht, die jeweils mit ihrer kurzen Geschichte verbunden sind:

Der glattschwanzige Fuchs

23.2. – Der Zorro und das Gift
Die Sache mit dem Zorro habe ich ja schon vor einiger Zeit erwähnt. Seit dieser ersten Begegnung wurde mir nur einmal erzählt, er wäre auf einem Schaukelstuhl sitzend entdeckt worden, von wo er dann völlig unbeeindruckt den nächsten Baum erklomm und sich in die Dunkelheit verzog, gesehen hab ich ihn nicht mehr.
An besagtem Datum jedenfalls entdeckte Martha den Zorro auf dem Dach des Computerzimmers, und führte ihn beim Versuch, ihn zu verjagen, in eine Sackgasse, die auf einem Mauersims im Zimmer endete. Dort verharrte er, bis des Nachbarn erfahrener Zorro-Experte kam und ihn befreite, für ein kurzes Fotoshooting festhielt und dann abführte.

Die Feuerwehr wollte jedenfalls nicht helfen ...

Am Nachmittag dann, wurde das Zentrum La Fraternidad fumigiert. Das ist eine Methode der Regierung, den Wählern Sympathie entgegenzubringen, indem sie vermummte Männer mit tragbaren Laubbläsern durch jedes Haus durchhuschen lässt, die einen ekelhaften weißen Rauch in die Gegend pusten. Das soll den stechenden Mücken den Garaus machen.
Die Tatsache, dass Häuser in Nicaragua nicht annähernd isoliert sind, daher überall Lücken aufweisen, hilft dem Rauch ein Spektakel zu inzenieren, welches einem Brand im Gebäude sehr ähnlich sieht. Okay, der Rauch ist weiß und daher nicht leicht mit Feuer zu verwechseln. Der Nachmittagsunterricht fiel damit aber flach, der Rauch stinkt viel zu ekelhaft und ist nebenbei auch nicht gerade Medizin.

Zwitschert viel und flattert in unvorstellbarer Geschwindigkeit durch die Gegend

4.3. – Der Kolibri
Mir erschien endlich ein Kolibri, der sich auch noch fotografieren ließ! Und er kommt immer wieder zu den anscheinend besonders leckeren Blüten eines Baumes in La Fraternidad. Einzig das Licht ist mir nicht wirklich gewillt und wirft immer einen Schatten auf den Vogel, was es schwierig macht, ihn gut in Fotos festzuhalten.

15.3. – Die Bienen
Und jetzt zur längeren Geschichte dieses Beitrags: In der Zwischendecke über der Küche wohn(t)en Bienen, summten und sammelten so vor sich hin. Hin und wieder, wenn es gerade passte, verpassten sie einem Passanten einen Stich, im Grunde waren sie aber friedlich.

Ein Bienenstock im Dach

Die letzten Wochen wurde die Invasion der stechenden Viecher aber unerträglich, die Paranoia immer handfester. Vier Stiche fing ich mir ein, nur zwei davon waren berechtigte Abwehrhaltungen: Eine nicht unterdrückte akute Panikattacke bei überraschender Bienenlandung und der Klassiker „großer Fuß (ohne Schuhwerk) von oben“. Martha hingegen erhielt viel mehr Zuneigung von den Bienen geschenkt und verweist auf eine stichhaltige Monatsbilanz. Aus diesem Grund wurde der Imker gerufen, der gestern Abend dann auch endlich seine Arbeit verrichtete.

Die Astronauten bereiten sich auf ihren Einsatz vor

Eineinhalb Stunden und drei Stich pro Mann später war der Bienenstock entfernt, die drei Männer konnten sich aus ihren Astronautenanzügen schälen. Ein riesen Kübel voller honighaltiger Bienenwaben versprach einen Haufen Honig abzuwerfen – wären da nicht die Bienen gewesen, die immer noch auf den Waben verweilten. Immerhin waren sie nicht agressiv, vermutlich wirkte der weiße Rauch noch. Dem Imkerchef war selbst das egal, er griff einfach in den wuselnden Kübel und zog ein paar Waben für die umstehende Zuschauerschar heraus.
Der Blick in die Küche unterstreichte dann die Worte der Imker: Es war verdammt schwierig. Es lagen hunderte tote Bienen am Boden und am Dach lieferten die Wabenstrukturen Aufschluss über die Größe des Stockes. Ohne Schuhe war es sowieso nicht mehr möglich, irgendwohin zu steigen, jede Lampe zog sofort Bienen an, wo sie in Trance bis zur Erschöpfung dem Licht folgen. Die Imker versicherten, in der Früh würden die verbliebenen Bienen verschwunden sein. Das hätten sie auch den Bienen sagen sollen, denn die bilden schon wieder einen neuen Knödel unterm Dach.

Honighaltiger Küchenboden

Das Schlachtfeld Küche

Die Dachunterseite in der Küche

Gabriel zeigt uns den Honig

Inzwischen wurden ungefähr zwei Liter Honig geerntet, es fehlt mindestens noch einmal so viel, was aber von den leider wieder aufgewachten Bienen verhindert wird. Martha hat sich beim Versuch, mehr Honig abzuschöpfen jedenfalls schon wieder mindestens zwei Stiche eingefangen.

Soweit der Stand der Dinge, man liest sich!

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Visen, Chaos und ein neuer Anfang

Na gut. Dann schreib ich halt wieder mal was 🙂

Es ist nämlich so: Nachdem mein Visum ja am 7. oder 8. Februar auslief (die Ungenauigkeit rührt von der Ungewissheit der Zählweise her), ich aber dummerweise zu lange wartete, ging am 3. Februar zur Migration in Estelí. Dort konnte man mir nur mitteilen, dass es nur zweimal möglich ist, ein dreimonatiges Visum im „normalen“ Verfahren zu erlangen. Die offizielle Variante in solchen Fällen wäre außerdem auszureisen, 72 Stunden zu warten und wieder einzureisen. Nachdem Honduras (für mich die nächste Grenze) netterweise mit Nicaragua ein gemeinsames Visumssystem betreibt, würde die Reise also nach Costa Rica führen müssen.

Am Freitag wurde ein neuer Anlauf gestartet, diesmal ausgerüstet mit Arbeitsbelegen, Briefen von Fraternidad und Bürgermeister und Gastmutter Martha. Die Dame hinterm Schreibtisch laß sich alles durch, konnte aber nur auf eine eventuelle Lösung des Problems in Managua hinweisen. Am Nachmittag rief ich also im österreichischen Konsulat an, welches es eigentlich gar nicht gibt. Deshalb wird man auch automatisch ins Büro für österreichische Entwicklungzusammenarbeit weitergeleitet, wo ich der zuständigen Dame auf Deutsch mein Problem erläuterte. Diese meinte, ich solle doch so schnell wie möglich nach Managua kommen, alle Unterlagen mitnehmen, die vielleicht von Bedeutung sein könnten, vorher aber meine überzähligen, sprich, visumslosen Tage in der Migration zu bezahlen, sonst würde es wahrscheinlich nicht funktionieren.

Also am Montag wieder auf nach Estelí, diesmal schon bekannt und sogleich zum Chef des Hauses geführt. Die folgende Viertelstunde kümmerten sich zwei Angestellte und der Chef darum, eine mögliche Lösung zu finden, gaben mir schließlich den Rat, es in Managua zu versuchen. Dort gäbe es diese und jene Person, die mir helfen würde. Wenn es noch Probleme gäbe, sollte ich einfach den Chef persönlich am Handy anrufen.

Dienstag dann auf nach Managua. Damit uns die Zeit nicht davonläuft fuhren wir schon im Bus um sechs Uhr in der Früh. Um kurz vor neun saßen wir im Taxi zur Migration und keine Stunde später standen wir wieder auf Feld eins. Der Schalterbeamte hatte mir zwar nach seiner eigenartigen Zählweise noch drei Tage mehr Visum konstatiert, aber nur stur auf die Ausreise verwiesen, da konnte auch der Chef aus Estelí nichts mehr ausrichten. Um aber dann doch nicht völlig umsonst nach Managua gefahren zu sein, rief ich noch im österreichischen „Konsulat“ an und schilderte nochmals das aktuelle Problem. „Egal, kommen Sie trotzdem.“ Also auf ins Taxi und quer durch die Stadt. Dort wurden dann innerhalb einer halben Stunde Daten angegeben, korrigiert und weitergeleitet, Pass eingezogen und die erste Entschuldigung seit Jahren verfasst und unterzeichnet. Aber nicht an den Lehrer wegen Fernbleiben des Unterrichts, sondern wegen Passlosigkeit an eventuell kontrollierende Migrationspolizisten.

Jetzt sollte die Frist bald verstrichen sein und damit mein Visum, ergo mein Pass, vermutlich fertig; mal sehen, wie lange die Mühlen der Bürokratie diesmal arbeiten.

Im Projekt wurde es in letzter Zeit wieder chaotischer, am 15. Februar wurden die Schulen und auch das Zentrum mitsamt seinen Kurse erstmals wieder für Kinder geöffnet. Nachdem aber von den zur Zeit etwa 200 eingeschriebenen Kindern nur etwa zwei Drittel erscheinen, noch keine Hausübungen mitbringen, viele zum ersten Mal dabei sind und der Kurs Nachhilfe völlig neu besetzt wurde, herrscht noch etwas Verwirrung, wer wieso wo und wann zu sein hat. Schon zu Anfang wurde dem Chaos des letzten Jahres, der fehlenden Motivation einiger Mitarbeiter und der Einfallslosigkeit mancher Programme der Kampf angesagt, was sich doch schon mal gut anhört. Wie dies allerdings geschehen soll, wo doch gerade eine Aufbruchsstimmung der nicht sehr netten Art herrscht: Die vielfach geführte Diskussion des unbestreitbar viel zu niedrigen Gehalts wurde intensiviert und führt bei einigen Promotoren immer mehr zu Gedanken ans Aufhören.

Wieder zu erfreulicherem: Gestern, Freitag wurde die Willkommensfeier in La Fraternidad veranstaltet. Schon am Dienstag wurde ein Grundkonzept für das gesamte Fest erstellt und Rollen, beziehungsweise Aufgaben verteilt. Ich war ganz überrascht, wie früh man selbst in Nicaragua Dinge planen kann, wenn nur jemand – dem auch geglaubt wird – sagt, es solle doch endlich damit begonnen werden. Heute Nachmittag wurde das natürlich wieder etwas relativiert, weil doch einiges fehlte. Aber mit ein bisschen Spucke und Spontanität wurde alles mehr oder weniger gut gelöst. Nachdem die Spiele von uns „Ausländern“ gestaltet wurden, lieferten wir auch den Großteil des Programmes und viel spieletechnisch Neues.

Die Schummelpolizei muss einschreiten

Begonnen wurde mit zwei Runden Bananen-Wettessen. Mit verbundenen Augen im Duett, viel Geschrei, Gelächter und nicht ganz schummelfreiem Verlauf 😉 .
Danach wurde in 50-Liter-Mehlsäcken um die Wette gehüpft. Zuerst traten zwei Burschen, dann zwei Mädchen gegeneinander an. Die dritte Runde wurde zum lautstark bejubelten Kampf der Geschlechter, Bursche gegen Mädchen. Nach drei Viertel der Strecke stürzte der bis dahin klar in Vorsprung liegende Knabe und überließ damit ungewollt seiner Konkurrentin den Sieg. Ab diesem Zeitpunkt kamen die Kids immer mehr in Stimmung und es wurde mit jeder Minute lauter. Für die Moderatorinnen wurde es dadurch trotz der Unterstützung der Promotoren immer schwieriger, sich Gehör zu verschaffen.

Marlito kann locker ins Ziel hüpfen, während sein Kontrahent ein wahres Massaker an den Slalomstangen anrichtet

Bei den Damen geht es da schon knapper zu

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Aber hier ist plötzlich das gesamte Publikum mit dabei

Kistenrennen mit allzu am Boden festpickenden Schachteln

Trotzdem wurden noch zwei Runden Kistenschieben veranstaltet und zweimal Sesselgetanzt.

Danach wurde versucht den beinahe traditionellen Wetttanz zu starten, den ich aber erfolgreich unterbinden konnte. Wieso? Weil ich selbigen inzwischen als absolut entbehrlich empfinde. Ein paar Mädchen tanzen und nach jeder Runde wird ein Pärchen vom Publikum rausgewählt. So weit so gut. Die Stimmung und besonders die Beliebtheit der Mädchen entscheidet dann, ob es mehr Geklatsche oder Gebuhe gibt, welches man den Kindern als „Erziehungsbeauftragter“ ja eigentlich ersparen sollte. Stattdessen wurde Linas Idee des Zeitungstanzes aufgegriffen, die eine neue Erfahrung für alle und meiner Meinung nach einen gelungenen Abschluss darstellte.

Penibel wird die Technik studiert und dann Tips und Tricks ausgetauscht

Dabei tanzen Pärchen auf jeweils einer Seite Zeitungspapier, dürfen den Boden aber nicht berühren, sonst wird fliegen sie  raus. Sobald der Moderator das Zeichen gibt, wird die Seite einmal auf die Hälfte gefaltet und schon gehts weiter. Der Witz dabei ist natürlich, dass man immer weniger Platz hat und sich irgendwie einfallen lassen muss, wie man auf so wenig Standfläche zwei Personen unterbringt – und dabei das Tanzen nicht auch noch vergisst. Ab Faltung Numero drei wurden die beiden übrigen Paare von allen Seiten mit Tips und Tricks überhäuft, angefeuert und – wenn nötig – gestützt.

So sieht es dann aus, wenn eigentlich nur mehr ein Fuß Platz auf der Zeitung findet

Der leicht schale Beigeschmack, den einige Kinder mit ihrem Benehmen verursachten war wieder vergessen und noch schnell die unausgesprochene aber deutlich sichtbare Forderung nach Süßigkeiten erfüllt, dann ging alles und jeder nach Hause, war ja schon wieder halb fünf Uhr.

So siehts aus, meine Freunde, so ist das!

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Ein Kommentar

Der lange Weg zu den inexistenten fünf Pinien

Heute geht es also um die etwas spontane Reise nach Cinco Pino. Kurz zur „Entstehung“ dieser Reise: Das Büro CHICA lud am 15.12. zum Fortbildungs- und Diskussionskurs über Gender ein. Daran nahmen sämtliche von CHICA unterstützten Projekte aus Condega teil, also auch La Fraternidad. Am darauffolgenden Tag wurde eine Feria, also eine Ausstellungsmesse verantstaltet, auf der die meisten CHICA-Projekte ihre Arbeit ausstellten und – wenn möglich – zum Verkauf anboten. Ich wurde da mehr oder weniger mit hinein gezogen, als man mir im Gemeindeamt davon erzählte und Elmer Zelaya – der Chef von CHICA und damit auch von La Fraternidad und mir – mich einlud, doch auch mit zu fahren.

Gesagt getan, am Mittwoch geht es um 3 Uhr in der Früh unter die Dusche (Ich kann nur sagen: KAAAALT!) und um 4 Uhr zum Treffpunkt vor der Gemeinde. Nachdem wir aber in Nicaragua sind, ist ein bisschen Wartezeit natürlich vorprogrammiert. Ich lerne inzwischen eine Mitarbeiterin des Projektes AMSONAC kennen, welches (bis auf den Chaffeur) ausschließlich Frauen anstellt und Fruchtsäfte mit tropischen Geschmacksrichtungen herstellt und überraschend professionell abfüllt und verpackt. Und immerhin ist nicht in jedem Saft noch zusätzlich Zucker drinnen 🙂

Als dann endlich ein paar Menschen mehr eintreffen, erfahre auch ich endlich, dass der Ausflug nicht ein Tagesausflug sein wird, sondern sich durchaus ein oder zwei Nächte hinziehen könnte. Ich sprinte also noch mal zurück zum Haus, packe alles nötige schnell in eine Tasche und kurz vor fünf Uhr sitze ich neben Leonell hinten auf der Ladefläche des Pick-Ups der Gemeinde. Dann wird noch kurz mit dem zweiten Auto Funkgeräte ausgetauscht und los gehts in die eisige Nacht. Es ist die bisher kälteste Woche, mit dem Beinahespitzenwert von 11°C, was einem bei Fahrtwind fast bis unter die Haut geht. Leonell hat überdies nur eine Jeansjacke an und friert sich fast Kopf und Finger ab …

Im Morgengrauen wird an der Kreuzung, an der wir die Panamericana verlassen kurz gefrühstückt und schon geht es wieder weiter auf die scheinbar endlose Reise nach León. Nachdem nämlich keiner so genau weiß, wo Cinco Pino (zu gut Deutsch: „Die fünf Pinien“) liegt, wird davon ausgegangen, wir würden in die Nähe Leóns fahren. Es handelt sich demnach um dieselbe Strecke, die wir schon einmal nach León bestritten haben, nur dass damals einfach kein Platz war, sich die Landschaft genauer anzusehen. Außerdem sitzen wir auf der Ladefläche beinahe in Richtung Osten, also den Blick in den Sonnenaufgang gerichtet, was die Reise schon etwas wärmer macht. Auf halber Strecke nach León biegen wir auf einmal von der großen Straße auf einen kleinen aber gepflasterten Weg ab und wir sind zum ersten Mal sicher, dass die Reise nicht in León enden wird.

Ab El Sauce wird die Straße dann plötzlich ausnehmend schlecht und vor allem staubig. Weil wir das zweite Auto sind, bekommen wir hauptsächlich Staub zu sehen, was uns äußerlich um 20 Jahre altern lässt, so weiß werden wir. Nach zwanzig Kilometern erreichen wir Somotillo, welches sich schon durch eine irrsinnig breite Straße  und riesige Brücken über zwei eigentlich normale Flüsse ankündigt. Laut den Schildern, die überall herum stehen, wurde diese Infrastruktur von Japan gespendet – hatte nicht gewusst, dass Japan nach Nicaragua gespendet hat. Nach ein bisschen Verwirrung finden wir die richtige Kreuzung und schon sind die letzten 20 Kilometer dran. Nach kurzem Aufenthalt bei einer Militärstreife (die das erste Auto durchfilzt, dann einen Rucksack einer Dame öffnet, den dann peinlich berührt wieder schließt und uns allesamt durchwinkt) kommen wir in Cinco Pino an und können keine einzige Pinie entdecken. Dafür aber den Treffpunkt, den wir schon mehr als eine Stunde zu spät erreichen.

Während die schon angekommenen anderen Gruppen (von León bis zum Río San Juan) sich in auflockernden Spielen kennen lernen, lassen Leonell und ich unser Kreuz ausspannen und besprechen mit den anderen Condegianern die kommenden Ereignisse. Dann geht es los und wir gendern was das Zeug hält. Es sind erstaunlich viele Männer am Diskutieren, auch Semester, von denen man es eher nicht mehr erwarten würde, feministisch zu sein.

Da ich mich an die Details nicht mehr genau erinnern kann und die sich auch fast nur um gegenseitig Argumente auffrischen und bestätigen drehten (deswegen aber nicht uninteressant waren), springe ich direkt zum nächsten Tag.

Nachdem wir noch am Vorabend in die nächste „große“ Stadt Somotillo zurückfuhren um dort unser Hostel aufzusuchen, wachen wir erstaunlicherweise am Donnerstag dort auch wieder auf. Irgendwas haut mit der Wasserleitung nicht hin, also muss man sich beim Duschen Wasser mit einer kleinen Schüssel aus einer Regentonne schöpfen und über den Kopf schütten. Die Tonne steht natürlich in der Dusche 😉 . Schon vorm Schlafengehen haben wir entdeckt, dass der mitgebrachte Laptop für die Präsentation defacto kein Stromkabel mehr hat, weil das nur noch ziemlich unzuverlässig Saft liefert.

Die Anreise zurück zu einem Projekt vor Cinco Pino verzögert sich wieder planmäßig um fast eine Stunde – allgemeine Verspätungen, ein paar Damen, die noch schnell shoppen gehen und Autos auftanken summieren sich eben. Wir nehmen zwei andere junge Männer mit, die vom Río San Juan kommen, welcher die südliche Grenze Nicaraguas zu Consta Rica darstellt. Das Projekt nennt sich APRODESE (Asociación Para el Desarrollo Económico Sostenible de El Espino y Comunidades Aledañas – Verein zur nachhaltige ökonomische Entwicklung von El Espino und den umliegenden Gemeinden) und ist auch ein von CHICA und damit Österreich finanziertes Projekt, das sich hauptsächlich um Ausbildung in diversen handwerklichen Dingen dreht. Dort angekommen suchen wir uns zwei Tische und sichern unseren Platz unter dem riesigen Partyzelt, das für Condega reserviert ist.

Das sind Japas - also Ohrringe - um 20 Cordoba das Paar

Nach kurzer Suche aber einiger Erklärung bekommen wir vom Computerraum einen PC zur Verfügung gestellt, den wir dann an unseren Beamer anschließen, noch kurz ein Video-Abspiel-Programm installieren und schon läuft der Film in Endlosschleife. Blicke nach allen Richtungen offenbaren aber, dass wir damit die Einzigen sind und auch bleiben werden – die Meisten bieten lediglich ihre Produkte feil und viele haben noch Plakate, Flyer und/oder Fotos auf Lager. Obwohl La Fraternidad sozusagen „nur“ Handarbeit und künstlerische Leinwände anbieten kann, werden wir bereits beim Auspacken immer wieder um die Preise der Ohrringe, Polster und Armbänder gefragt. Der Stand der Frauen von AMSONAC verkauft sämtliche mitgebrachte Säfte innerhalb weniger Stunden und fängt dann an die als Dekoration mitgebrachten Früchte unter die Menschen zu bringen. Die Stände von INPRUH und den Mujeres Trabajadoras liegen nach dem Ansturm wegen des „Uh!-Neu!“-Effektes – ähnlich wie wir – recht durchschnittlich und kontinuierlich im Verkauf.

Es ist grundsätzlich schon ziemlich erstaunlich, wieviele Stände aufgebaut sind und damit auch, wieviele Projekte CHICA finanziert. Inzwischen ist aber nicht mehr völlig sicher, wie lange diese österreichische Unterstützung, so wie sie jetzt funktioniert, noch aufrecht erhalten wird. Die zwei auffälligsten Stände sind eine ökologische Latrine (welche die Kontamination des Grundwassers gewaltig reduzieren bis aufheben könnte) und Vertrieb und Förderung von Solarmodulen (welche in ländlichen Gegenden ohne Stromleitungen – bei gemäßigtem Verbrauch – genügend Strom herstellt). Natürlich fällt auch der Tisch mit den Kakaofrüchten auf, der mit ein paar Tafeln Zotter-Schokolade auf einen der Abnehmer des Bio- und Fair-Trade-Kakaos hindeutet.

Auch der Name der Band war etwas außergewöhnlich, könnte aber nicht mehr genau sagen ...

Abgeschlossen wird der durch und durch unterhaltsame Tag mit einem Konzert einer Jugend-Rock-Band, die sich allergrößte Mühe gibt, die Stimme des Leadsängers irgendwie hin zu biegen oder zumindest durch lauteres Spielen zu kaschieren. Nachdem das Mittagessen erst um zwei Uhr eintrudelt und wir da schon beinahe am Gehen sind, hebe ich es auf und nehme mir vor, halt auf der Ladefläche im Fahrtwind zu essen. Das wird dann aber etwas schwierig, weil wir eine andere Strecke nach Hause nehmen. Die neue Strecke ist reinste Staubpiste im ärgsten Gebirge; steinig und holprig, soweit man sieht, an eingestürzten Brücken zu durchquerende Bäche, die sich mit einem Pick-Up gerade noch so ausgehen, ohne dass der Auspuff völlig im Wasser versinkt. Und Leonell und ich auf der Ladefläche, hauptsächlich damit beschäftigt nicht mitsamt der Ladung einen Hops in die Pampa zu machen und dabei noch sämtlich Extremitäten im Zaum zu halten. Mein Mittagessen wird also ein hastiges Schlingen zwischen Schlaglöchern, dementsprechend sehe ich danach aus 😀 .

Gelohnt hat sich die Reise aber trotzdem: Wir brauchen um beinahe zwei Stunden weniger als bei der Hinreise und haben dabei noch eine kurze Essenspause in Limay – ein absolut niedliches kleines Städtchen mitten in den Bergen – eingelegt. Netterweise fährt diesmal auch das andere Auto in einem Abstand von ein bis zwei Kilometer hinter uns, um uns den Staub in den Haaren zu ersparen. Und die Landschaft ist umwerfend unberührt (wenn man von den Wegen in den Dörfern selbst mal absieht), man sieht Bäume, doppelt so groß wie die größten Eichen und nach Sonnenuntergang den mit Straßenlaternen ausgeleuchteten Weg im Tal unter sich.

Und zum Abschluss unsere große Reise auf Mappe. Die Nähe zu Honduras wurde mir erst auf der Karte bewusst ...

Insgesamt hat die Reise wieder meine Ansicht von Nicaragua – die in letzter Zeit etwas an der falschen Mischung an Menschen und deren Sicht der Dinge gelitten hat – wieder auf Touren gebracht und mir gezeigt, was alles möglich ist, wenn man nur möchte. Und sich traut, nachzufragen. Denn grundsätzlich sind sie äußerst hilfs- und auskunftsbereit, die Nicaraguaner …

INPRUH, Mujeres Trabajadoras, AMSONAC, La Fraternidad und Alcaldía: Es war mir ein Volksfest! 😉

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Natur, Kinderfilmpiraterie und Adiós

Das Schrecklichste an der langen schrifstellerischen Pause ist die riesige Menge an Erzählungen, die nachzuholen wäre an die man sich aber nicht mehr erinnern kann …

Sieht gemütlich aus, ist aber vermutlich "sehr aktiv"

Am Sonntag, den 14.11. waren wir in El Tisey. Adriana, Angelika und ich. Das ist quasi eine bessere Hügelkette, die Blick über Estelí und Umgebung gibt. Sonntag in der Früh gings mit dem Bus nach Estelí, dort dann mit dem Taxi in die Highlands. Nach einer Extrarunde, weil der Fahrer sich nicht ausgekannt hat, sind wir dann im Wald auf die gewünschte Hotel-Restaurant-Ökofarm-Mischung gestoßen und haben uns einen ersten Tee/Kaffee mit traditionell nicaraguanischen Keksen gegönnt. Nach etwa einer Viertelstunde Spaziergang auf den Hügel hinter der Anlage bekommt man dann einen absolut genialen Blick auf Estelí und sieht in der Ferne einenVulkan Rauchzeichen geben. Angeblich gehört der mehr oder weniger zu León.

Durch den Wald zurück, ist uns auf dem Weg zum Mittagessen nur noch ein Blumengarten im Weg gestanden, der noch schnell ausgiebig begutachtet wurde. Alles was in Österreich als Zimmerpflanze ihren schnellen Tod findet, wächst und gedeiht hier prächtig: Neben Orchidee, Weihnachtsstern und Chili viele andere – für mich – namenlose Schönheiten.

Auch sowas wächst hier ... wie immer es auch heißt

Mittagessen war dann auch traditionell und gut: Henderlsuppe und frischer Orangensaft (mit nicht übermäßig viel Zucker!) und als Nachspeise traditionelle Buñuelos (aus Maismasse geformte Kugerl in Honig- oder Zuckerrohrextraktsoße).

Die Heimreise ging dann im gewöhnlichen öffentlichen Bus von statten, was bei der Geschwindigkeit noch die Zeit ließ, die Sonnenstrahlen des späten Nachmittags auf die umliegenden Hügel zu genießen.

In den letzten zwei Wochen war ich noch ein paar Mal in Estelí, kenne dort inzwischen ein paar Straßen mehr, hab inzwischen zehn DVDs gekauft und mich gewundert, wieso Kinderfilme generell eher absolut miese Qualität haben. Dürfte irgendwie eine Regel sein oder so. Vielleicht wird in der Filmpiraterieschule gesagt „Und bei Kinderfilmen schauts bitte, dass ihr eine absolut grausliche Qualität runterladets. Wenns das nicht gibt, verhauts den Ton, oder schneidets zumindest das Bild auf ein Format zusammen, dass die Hälfte fehlt. Der Überhit wär natürlich alle drei Optionen gemeinsam!“, ich weiß es nicht. Es ist jedenfalls zum verrückt werden.


Interessant!

Freitag den 26.11. steht das große Fest an. Es ist nämlich soweit: Die Kinder werden in die Sommerferien entlassen. Die aktuell verlautbarten Temperaturen und Schneebarometer aus Europa sind hier nämlich nicht im Entferntesten nachzuvollziehen. Nicht weiter verwunderlich, bei Mindesttemperaturen von 14°C – in der Nacht. Die Pforten von La Fraternidad sind jetzt zwei Monate lang für Kinderbetreuung geschlossen, ich werde mich daher auf eine Homepage für das Projekt und kleine – bisher undefinierte – Aufgabenstellungen der Gemeinde konzentrieren.


Doch! Wirklich!

Für das große Fest wird schon am Donnerstag angefangen zu kochen, dass kein Programm vorhanden ist, kommt man dann erst 15 Minuten nach Beginn drauf – dementsprechend chaotisch (und mit einer Stunde Verspätung) beginnt die Moderation, die kurzerhand zwei Jugendliche in die Hand nehmen. Es wird (wie bei jedem Fest) eine kleine Tanzeinlage gebracht, eine chaotische Geschenkausteilaktion begonnen, dann aber abgekürzt und ohne Spiele aufs Essen übergegangen, damit wenigstens das Ende des Festes um vier Uhr mehr oder weniger pünktlich eingehalten werden kann.


Die Tanzvorführung wird genauestens begutachtet

 

 

 

 

 

 

 

Im Laufe der nächsten Tage kommt das lange Wochenende dran 😉


Interessant!

Freitag den 26.11. steht das große Fest an. Es ist nämlich soweit: Die Kinder werden in die Sommerferien entlassen. Die aktuell verlautbarten Temperaturen und Schneebarometer aus Europa sind hier nämlich nicht im Entferntesten nachzuvollziehen. Nicht weiter verwunderlich, bei Mindesttemperaturen von 14°C – in der Nacht. Die Pforten von La Fraternidad sind jetzt zwei Monate lang für Kinderbetreuung geschlossen, ich werde mich daher auf eine Homepage für das Projekt und kleine – bisher undefinierte – Aufgabenstellungen der Gemeinde konzentrieren.


Doch! Wirklich!

Für das große Fest wird schon am Donnerstag angefangen zu kochen, dass kein Programm vorhanden ist, kommt man dann erst 15 Minuten nach Beginn drauf – dementsprechend chaotisch (und mit einer Stunde Verspätung) beginnt die Moderation, die kurzerhand zwei Jugendliche in die Hand nehmen. Es wird (wie bei jedem Fest) eine kleine Tanzeinlage gebracht, eine chaotische Geschenkausteilaktion begonnen, dann aber abgekürzt und ohne Spiele aufs Essen übergegangen, damit wenigstens das Ende des Festes um vier Uhr mehr oder weniger pünktlich eingehalten werden kann.


Die Tanzvorführung wird genauestens begutachtet

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Ein Kommentar

„Fantasielose Müdigkeit“ …

… ist schuld an diesem Titel.
… ist schuld daran, dass wieder mal nur ein Revueartikelchen entsteht.
… ist schuld daran, dass die Ideen sich immer noch weigern niedergeschrieben zu werden.
… ist was grässliches.

Freitag, 15.10.
Die Bauarbeiter sind da (im Fraternidad). Sie hauen alles kurz und klein (den schlechten Belag des Vordaches). Sie errichten eine Mauer (damit der Hang nicht in den Abfluss rutscht). Sie reparieren (die beiden WCs). Sie verputzen einige Außenwände (damit man Murals drauf malen kann). Dafür errichten sie Konstruktionen, die in Europa physikalisch ähnlich funktionieren, dort aber definitiv sicherer aussehen (Gerüste). Und meine Kamera erstmals in Kinderhänden (denen von Alberto Jesus).

Und das ist das Ergebnis - oder besser: eines von vielen

Und natürlich kann eine Baustelle nicht ohne Staub leben, schon gar nicht, wenn Beton weggestemmt wird.

Damit man ein ungefähres Bild davon bekommt 😉

Gleichzeitig wird (unangekündigt, sonst würden alle daheimbleiben) ein Kurs abgehalten, der den Kindern Drogen ausreden soll. Es werden unter anderem Plakate gestaltet, Gruppengespräche geführt und ein Film gezeigt. Und mittendrin zockel ich immer wieder mit zwei Kameras durch das Geschehen. Meiner, zum Fotografieren und der des Projekts, zum Filmen.

Fleißig am Plakateschreiben

Nach der Nachmittagsvorstellung wird noch herumgesessen und die Kinder „beschnuppern“ den Neuzugang Angelika. Ich nutze das wieder ganz unverschämt aus und schieße Fotos 😛

Sonntag, 17.10.
Es gibt wieder mal Henderl zum Mittagessen. Es wurde schon am Samstag gekauft und lief seither im Garten herum, jetzt schwimmt es jedenfalls in der Suppe auf dem Holzofen.

Die Farben sind Kunst. Behaupte ich mal 😛

Ich gebe außerdem die Insektensammlung auf, weil wir kein Formalin bekommen und die Tierchen so grausiglich zu stinken beginnen würden. Die Tarantel lasse ich aber nicht im Garten aus – da würde sie gleich wieder gejagt werden – sondern transportiere sie an einen (hoffentlich) sicheren Platz. Und so gibt es jetzt auch ein Bild in beinahe freier Wildbahn.

Für ein Portraitfoto wollt ich mich aber dann doch nicht in die Wiese legen 😉

Von den Nicaraguanern wird behauptet, sie würde beißen und einen sofort lähmen oder umbringen (je nachdem, wen man fragt 🙂 ), von zwei Österreichern wird behauptet, dass sie beißen könnte, aber nicht will und das Gift wäre auch nicht soooo schlimm. Naja, ich bleibe auf der sicheren Seite und halte Abstand 😀

Montag, 18.10.
Die offizielle Willkommensfeier für Angelika steht an und wird dann (mit einer Stunde Verspätung) auch begonnen. Es wird wieder getanzt, gespielt und gelacht. Unter anderem tritt Belma mit der freiwillig mitarbeitenden Professorin auf.

Belma tanzt den Mexikaner

Es sieht schräg aus und ich habe noch nie das gesamte Publikum so lachen sehen

Mittwoch, 20.10.
Ein Ronron hat den Esstisch gefunden, aber seinen Gleichgewichtssinn verloren. Er geht zwei Schritte, dann kippt er um und zappelt hilflos. Wieder aufgestellt beginnt das Spiel von vorne. Auch in der Wiese ergeht es ihm nicht viel besser, ich habe indessen nur Probleme, das zappelnde Ding auf meine Speicherkarte zu bringen 🙂

So siehts aus und ist dabei sogar noch eher klein

Donnerstag, 21.10.
Die Vogelwelt hier ist hier viel bunter und schriller als in Österreich. Nicht nur in Formen und Farben, sondern auch in Gesang und dessen Lautstärke. Ein besonders schräges Exemplar hat vor ein paar Tagen für ein paar Sekunden im Garten Halt gemacht: Orange wie ein Textmarker, mit schwarzen Streifen wie ein Tiger. Den muss ich mir mal vornehmen 😉 . Auch der Guardabarranco ist mir inzwischen schon ein paar Mal erschienen, allerdings immer in Zeiten ohne Kamera. Ein kleiner gelbbauchiger Flugkünstler hat aber bei einer Zwischenmahlzeit in Form von Beeren lange genug stillgehalten, sodass er sich jetzt im Internet wiederfindet.

Aber er beobachtet mich sicherheitshalber schon ganz genau 😉

Allgemeines Geplänkel
Um nachfragen zu können, für welche Computerkurse in der Bevölkerung Interesse besteht, fragt mich Leonell nach den dafür in Frage kommenden Programmen aus. Als ich ihm dann Videoschnitt anbiete meint er ohne Umschweife „Das könnte man dann den drei condegianischen Fernsehstationen anbieten!“ – vermutlich gegen kostenlose Werbung 😉 . Es ist nämlich so, dass die hiesigen Sender alle mit dem Windows Movie Maker arbeiten. Und das ist so, als ob man als Fotograf mit Paint arbeiten würde. Man sieht es den selbstgeschnittenen (und beinahe ausschließlich lokalen) Werbungen und Nachrichten auch an, die alle Spezialitäten des Movie Makers ausprobieren. Szenenwechsel mit Effekten, die selbst in PowerPoint eigentlich nichts zu suchen hätten (fliegende Herzen, hüpfende Bilder, „Umblättereffekt“, …) als kleine Hilfestellung für die Fantasie des Lesers. Dazu trägt die schon etwas betagtere Ausstattung – sowohl Kameras als auch Computer – noch ihren Teil bei. Eine High-End-Video-Editing-Software erwarte ich nicht vorstellen zu brauchen …

Mittlerweile habe ich es geschafft, auf beinahe allen Computern des Computerkurses funktionierende Antivirenprogramme zu installieren, dabei sind aber schon wieder mindestens fünf Maschinen mit Neu-Aufsetz-Bedarf aufgefallen. Aber es ist immer noch so, dass ein USB-Stick gröbstens verseucht zurückkommt, wenn er an diversen, speziellen Computern angesteckt wird. Auch muss man den Kindern endlich beibringen, die Antivirenmeldungen nicht wegzudrücken, sondern den Virus zu eliminieren. Das wird noch ein Haufen Arbeit 😐

Zwischenzeitlich hatten wir diese Woche drei Hühner in der Dusche stehen. Das rührt daher, dass zu Weihnachten ganz Condega Huhn essen will. Da das Angebot aber nicht so flott steigt, oder die Verkäufer einfach ihr Weihnachtsgeld etwas auffetten wollen, steigt der Preis um diese Zeit ganz gewaltig an. Ja, in Wirtschaft war ich immer schon die große Leuchte 😛 . Auf jeden Fall hat man deshalb schon mal ein paar Henderl auf Vorrat gekauft, die jetzt bei Belma auf ihr Ende warten. Um aber den Käfig fertig zu bauen, haben sie erst die Zwischenstation in unserer Dusche passiert 😉

Und weil ich jetzt schon wieder so lange vorm PC hocke und eigentlich lieber schlafen würde, höre ich wieder auf 🙂

Wie gesagt, es gibt bereits Ideen für weitere Artikel … also stay tuned 😉

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2 Kommentare

Gesichter, Bilder und Spaß

Die letzten beiden Tage habe ich die Gelegenheit gehabt, Fotos von den Kindern beim Spielen zu machen – und ich habe sie erstmals auch wirklich wahrgenommen. Dienstag gingen wir nachmittags ganz spontan zum Spielplatz, wo ich mich – ob der Sonne und der Menge an Kindern – glücklicherweise aus den Mannschaften raushalten hab können.

Da flattert im Hintergrund gerade mindestens ein rosa Elefant durch die Lüfte 😛

Im Eifer des Gefechts verliert man schon mal den Schuh unter dem Fuß ...

Der tanzt nicht, das sieht nur so aus. Ehrlich!

Und hier sieht man vielleicht das bisschen Chaos, das eine Gruppe Kinder und drei Bälle veranstalten gemeinsam können 🙂

Und am Mittwoch ging es dann im Projekt so richtig drunter und drüber. Auch wieder mit Ball – aber nur mit einem – und auch wieder mit Spaß – mindestens genausoviel wie am Vortag.

 

FETZ! TUSCH! KRAWUMM! Ich hab nur leider grad keine Comicschrift zur Hand 🙂

Kurioses (Nicht-)Tor vielleicht ...

Es tut mir ja leid, dass ich inzwischen Präferenzen bei den Kinderbildern zeige, aber wenns um Gesichtesausdrücke geht, gibt es ein paar treffsichere Kandidaten 😉

Dieses Mädchen war zum ersten Mal im Projekt und hat gleich so nett in die Linse gelinst

Die Beiden kommen jedesmal angerannt und betteln um ein Foto. Na dann - bitte schön 🙂

Ich vermute, man kann den Spaß, den die Kinder vor der Linse haben höchstens erahnen, ist nämlich eine große Menge. Aber grundsätzlich ist es jedesmal wieder erstaunlich, wie zufrieden die Kinder nach einem richtig anstrengenden Spiel wirken, auch wenn manchmal Tränen oder gar Blut geflossen sind. Die Eltern werden auch froh sein, wenn die Kinder wieder einmal richtig fertig aber glücklich heimkommen, behaupte ich mal.

Inzwischen fällt es mir auch schon leichter mit den Kindern zu reden, weil ich endlich einen Großteil des Gesprochenen verstehe. Ausnahmen bestätigen die Regel: Jesus (der Erste, der überhaupt mit mir gesprochen hat) ist wahnsinnig schwierig zu verstehen. Nach fast jeder meiner Antworten erscheint ein verständnisloser Blick in dem Gesicht, der nahelegt, dass er wohl doch etwas völlig anderes gefragt hat.

Und nicht vergessen: Wenn es wieder was Neues gibt, gibt es wieder was Neues 😉

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Alles wird wieder gut

Hurrikan Matthew ist schon wieder weitergezogen, er hat Nicaragua am Freitag im Norden an der Atlantikküste Richtung Honduras überquert, die Ausläufer sorgen bei uns immer noch für Dauerregen. Aus Managua kommen ständig Berichte von Überflutungen, auch überall sonst im Land wird davon berichtet. (Satellitenbilder, CNN, alles andere ist spanisch …)

Am Samstag zeigte der lokale Fernsehsender Canal 15 Bilder von der Brücke nach Venecia, die nur noch durch den von ihr erzeugten Strömungsunterschied zu erkennen war. Nach den Bildern und den, durch technische Schwierigkeiten und rasender Sprechgeschwindigkeit unverständlichen Kommentaren des Reporters, kam dann zwei Minuten lang eine sich drehende Weltkugel, unter der immer wieder die Wörter „ULTIMA HORA“ eingeblendet wurden. Dazu hat die Hälfte der Zeit eine energische Stimme „ULTIMA HORA“ verkündet. Und das, obwohl sogar ich nach einer Minute verstanden hatte, dass es sich um eine Eilmeldung handelt, die da jetzt dann irgendwann vielleicht einmal daherkommen könnte 😀

Aufgrund dieser Bilder haben wir dann die Sachen gepackt und sind zu der nächsten Brücke Hochwasser schaun gegangen. Das Wetter ist ja sowieso schon deprimierendes Dauergrau, da kommt ein bisschen Action genau richtig. Gesehen haben wir dann einen total niedlichen Bach, dem noch nicht gesagt wurde, dass grad total viel Wasser vom Himmel fällt, das er abtransportieren sollte. Das hat sogar meine zwei Guides verwirrt. Lange sind wir aber nicht dort gestanden, weil der „Gehsteig“ weniger als ein Meter breit und die Brüstung nur bis zum Oberschenkel reicht, was die vorbeirasenden Riesenlaster (Marke USA) eher unangenehm macht. Außerdem verschwand der Referenzpunkt „Berg in 5km Entfernung“ immer mehr hinter einer gewaltigen Regenwand.

Es wird schon eine Stechmückenwelle erwartet, die sich jetzt in dem reichlich vorhandenem Wasser eng formieren können. Die Vorboten sind schon zahlreich am Nerven. Schon seit Beginn Matthews wird eine Krankheitswelle erwartet, die sich auf Durchfall und Grippe spezialisieren wird. Auch mich hat ein bisschen Schnupfen gleich zum Opfer von Durchfall gemacht, jetzt beruhigt sich alles wieder ein bisschen. Eneri hingegen ist so richtig arm, kann nichts machen, hat zu nichts Lust und alles was sie isst, nimmt sofort wieder den Notausgang nach oben 😦

Jetzt kommen wieder etwas erfreulichere Nachrichten. Donnerstag Abend bin ich zum ersten Mal mit zum Cancha, dem Sportplatz, gegangen um mal zu sehen, was die da so machen. Um 5 fängt Volleyball an. Zwar auf Beton, aber dafür ganz schön flott und unerwartet gut. Es gibt hier nämlich auch eine Mannschaft, die sich jedes Wochenende Mannschaften aus anderen Städten stellt. Und die spielen auch unter der Woche noch so regelgetreu, dass ich gleich zu Anfang ein paar Punkte auf das Gegnerkonto verfrachtet habe. Bei ein paar Wörtern des „Anführers“ unserer Mannschaft hab ich dann wohl etwas zu verwirrt dreingeschaut, drum hat er auf Babysprache umgeschalten und nur noch mit Händen und Füßen zu verstehen gegeben, was er von mir will … hat trotzdem Spaß gemacht, weil ja auch andere Leute Dummheiten und Fehler machen, da war ich dann nicht das schwarze Schaf 😀

Indessen läuft es im Projekt einfach super. Inzwischen entsteht auch ein bisschen mehr Kontakt zu anderen Jugendlichen, nicht ganz unschuldig dabei sind natürlich die immer weiter fortschreitenden Spanischkenntnisse, die schon beinahe normalen Smalltalk erlauben. Lina steht da manchmal noch etwas verwirrt daneben, aber sie packt das schon. Sie hat zum Beispiel einen kulinarischen Kulturschock vorgeschlagen, bei dem jede Gruppe Spezialitäten des jeweiligen Herkunftslandes kocht. Defacto sind das natürlich nur Nicaragua und Deutschland/Österreich, aber ich erwarte schon einen gewaltig vollen Bauch und jede Menge Spaß. Die Österdeutsche Gruppe wird vermutlich mit einer noch nicht näher definierten Form von Knödeln (kommt auch drauf an, ob es hier Speck gibt) und Kaiserscharrn aufwarten, die Nicas haben allerhand dahergeredet, von dem ich die Hälfte nicht verstanden und die andere Hälfte definitiv noch nicht probiert habe.

Auch abseits von Essensfantasien tut sich inzwischen einiges. Die Kinder haben inzwischen herausgefunden, dass wir (Lina und ich) fast immer bereit sind irgendwas zu spielen. Zur Zeit müssen wird dabei aber noch auf einfache Spiele, wie Fußball oder Fangen zurückgreifen, weil uns für Erklärungen neuer Spiele aus dem Stegreif einfach noch der Wortschatz und – in Folge dessen – den Kindern die Geduld fehlt. Diese Woche ist allerdings ganz spontan eine beinahe regellose Mischung aus Rugby und Handball entstanden, die zwar gewaltig agressiv gespielt wurde, aber bis auf kleinere Aufschürfungen bei Stürzen keine Verletzten zur Folge hatte. Es wurde natürlich auch gestritten und gebrüllt, aber nicht geschlagen, was ein Fortschritt ist, wenn man an diverse eskalierende Fußballspiele denkt 😐

Ein Hit sind hier auch die Spiele Halli Galli und Uno. Halli Galli wird vor allem von den Mädchen gespielt, die Jungs die schnell genug sind, sind sich zu alt dafür oder dürfen nicht mitspielen. Es gibt nur zwei Spielboxen hier, man erkennt auch auf den ersten Blick, welche der beiden schon am längsten hier in Verwendung ist. Uno wird hingegen von jedem gespielt, auch von manchen Promotores und ist in jedem Kurs – Ausnahme Tanzkurs – mit mindestens einem Kartendeck vertreten. Im Computer- und im Zeichenkurs sind auch Schachbretter anzutreffen, allerdings bietet nur das Exemplar des Zeichenkurses echte Schachfiguren an, da die Regeln von Schach nur sehr wenigen bekannt sind. Da wird schon eher tablero gespielt, bei dem ich sogar gegen 10-Jährige verliere, weil es nur diagonal gespielt wird und dadurch eine völlig andere Spieldynamik aufweist.

Und: Wer vorhat Spiele hierher mit zu nehmen, sollte sie eventuell am Flughafen in Madrid kaufen, oder sicherstellen, dass die Spielerklärung zumindest im Internet auf Spanisch zu finden und auszudrucken ist. Generell kommen Kartenspiele hier sehr gut an, mit Puzzles haben sie noch gewaltige Probleme (Comicbilder mit 300 Teilen werden manchmal einfach Teil für Teil durchprobiert, ohne über Farbe oder Form nachzudenken), die drei vorhandenen wurden aber zumindest einen Tag lang ein paar Mal neu zusammengesetzt. Spiele mit vielen Teilen (Siedler, Risiko, Monopoly, …) sind eher nicht zu empfehlen, weil sicher Teile verschwinden werden.

Inzwischen bin ich in der näheren Umgebung zum Computerguru aufgestiegen. Ich bin froh, dass nicht allzu viele Computer in der Nähe sind, ich verliere schon jetzt beinahe den Überblick, wer noch was und wann von mir will 😀 . Angeblich soll ich in nächster Zeit ein kleines Programm für ein Geschäft in Condega basteln, was mir ein paar Stunden Beschäftigung beschaffen und aufkeimende Langeweile an verregneten Tagen perfekt bekämpfen könnte. Allerdings ist der potenzielle Kunde bisher nicht aufgetaucht und es wurde mir zugetragen, dass eine der vielen Stromschwankungen den zu verwendenden PC vernichtet haben soll … die Erklärung, der Strom sei in eine Karte des Computers eingedrungen und hätte selbige vernichtet klingt allerdings reichlich verdreht, weil definitiv kein Modem oder LAN-Anschluss verwendet werden.

So, jetzt hab ich mir genug aus den Fingern gesaugt, damit endlich ein neuer Eintrag entsteht 😉

Da ich zurzeit etwas an Schreib- und Fotofaulheit leide bitte ich alle um Mithilfe: Worüber soll ich denn schreiben? Was soll ich fotografieren? Was interessiert die Welt da draußen am ehesten, was hier passiert und noch nicht geschrieben wurde?
Schon jetzt danke an die zahlreichen Hinweise und Anregungen 😉

Bis dann

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Calzone in Nicaragua? Nein danke!

Heute war wieder mal eine Willkommensfeier, diesmal für die neue Deutsche, Lina. Am Vormittag dauert es noch ganz schön lange, bis endlich das Essen fertig genug ist um zu beginnen, dafür wird gleich weitergekocht um für die Nachmittagsvorführung schon vorbereitet zu sein. Ob der wenigen Zeit, die für den Vormittag bleibt, tanzen nur zwei Mädchen und nur ein Lied wird gespielt.

Die Mädchen machen das wahnsinnig gerne, weil sie da geschminkt werden und im Mittelpunkt stehen

Am Nachmittag wird hingegen sofort begonnen aufzubauen und sich hinzusetzen. Das überfordert die Tanzgruppe etwas, weil die natürlich etwas Zeit benötigen um sich zu schminken und den Tanz auszumachen. Um die Wartezeit zu überbrücken wird kurzerhand Spiel und Spaß gemacht, bei den Wettbewerben darf sich dann immer der Gewinner über ein Stofftier freuen.

Und das ist natürlich ein Heidenspaß!

Nach der Vorführung und nachdem alles Essen und Trinken verschwunden ist wird wieder wie üblich herumgeblödelt

Da wird auch schon mal spontan für die Kamera getanzt. Mit Essen und Trinken 🙂

Weil ich von fast verzweifelten Versuchen berichtet bekomme, Bilder von Pichetes zu finden: Das sind einfach Geckos, hell an der Decke, dunkel auf den Bäumen und maximal 10cm groß.

So sieht er in der hellen Ausführung aus

Ich hab inzwischen auch Gelegenheit einen weiteren der drei Garrobos kennenzulernen, den Mittleren. Also quasi den Jugendlichen.

Und da kriegt er natürlich auch gleich ein Portrait hier im Blog

So, jetzt mal zum Titel: Wenn man hier im Restaurant Calzone – die zusammengeklappte Pizza – bestellt wird man vermutlich komisch angeschaut oder an andere Geschäfte verwiesen. Das liegt aber nicht daran, dass man Pizza nicht kennen würde, sondern an der speziellen – und ich glaube nur hier so verwendeten – Bedeutung von calzon oder calzones: Pampers, also Windeln, die ja dann auch eher nicht zum Verzehr geeignet sind.

Eneri liefert übrigens viele Musterbeispiele für calzones 🙂

Es ist jetzt die letzten zwei Tage schon richtig kalt geworden. Also dann in der Nacht so um die 20°, das ist schon fast eisig für hiesige Verhältnisse.

Heute also wieder einmal ein bildlastiger Artikel, aber es gibt zur Zeit einfach nicht viel Neues zu berichten, ohne repetitiv zu werden oder sich in Details zu verlieren.

Bis dann also 😉

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Tanz, Baby! Tanz!

Gleich zu Beginn, wo noch alle aufpassen: Die einzigen Nichttrommelinstrumente der Schulbands sind keine Xylofone (die sind mit Holzstäben ausgestattet, weil xylon auf griechisch nämlich Holz heißt), sondern Glockenspiele. Die hier verwendeten Instrumente nennen sich laut Wikipedia Lyra, falls das irgendwen interessieren sollte 😉

Es ist nämlich so, dass die Geschichte um den nicaraguanischen Unabhängigkeitstag noch ziemlich unklar ist. Laut den meisten aller bisher befragten Einheimischen wurde William Walker von Andrés Castro getötet. Laut Wikipedia wurde William Walker allerdings vier Jahre später in Honduras hingerichtet und Andrés Castro wird nur in Zusammenhang mit Verwundung erwähnt. Die Schulbücher habe ich allerdings noch nicht eingesehen, was ich bei Gelegenheit noch nachholen werde.

Weil die Frage nach der Woche im Tanzkurs immer öfter auftaucht, ein kurzer Überblick. Damit auch ich mitmachen kann wird wieder von ganz von vorne begonnen. Das gefällt den Mädels zwar eher weniger, schaden wird es ihnen aber sicher nicht. „Vorne“ sind hier die Grundschritte, die für die diversen folklorischen Tänze benötigt werden. Die Bewegungen sehen grundsätzlich total einfach aus, haben aber die unangenehme Eigenschaft, ziemlich gegensätzliche Bewegungen gleichzeitig ausführen zu müssen. Dazu kommt der tückische Hüftschwung und ganz schön anstrengende Hüpf-Streck-Dehn-Hock-Bewegungen dazu, die überdies bloßfüßig ganz schön wehtun, wenn man es – so wie ich – nicht kann.

Das klingt jetzt erst mal eher total lästig und so, als hätte es mir überhaupt nicht gefallen. Aber die Wahrheit ist, dass es total lustig ist. Man kann sich das nicht so wie unsere Tanzkurse vorstellen, wo Mann und Frau gemeinsam Standardtänze abwickeln. Es handelt sich vielmehr um Gruppentänze, die manchmal ganz schön verrückt aussehen und mindestens genauso anstrengend sind. Schweißausbrüche garantiert, nicht nur wegen der Hitze.

Um dann die Mädels nicht völlig zu verärgern und frustrieren (Elvin kann ganz schön perfektionistische Züge annehmen 🙂 ), dürfen sie sich immer wieder bei schon einstudierten Tänzen beweisen, was ich dann als Erholungspause genießen kann. Ich bin froh berichten zu können, dass auch hier nicht jeder automatisch tanzen kann – es gibt also auch hier kein „Tanzgen“ oder was ähnliches. Heißt auch, man kann das lernen, was ich innerhalb dieses Jahres vermutlich herausfinden werde 😉

Am Samstag Nachmittag steht dann plötzlich eine deutsche Volontärin vor der Tür und fragt, ob ich eine Julia kenne. Das tue ich nicht, kann ihr in diesem Fall also nicht weiterhelfen, aber es wird von weiteren Volontären erzählt, die sich aktuelle in Condega befinden. Kurzerhand werde ich eingeladen, ins Las Vegas – eine hiesige Disco – mitzugehen, alle anderen kommen auch mit und überhaupt und sowieso. Seit gestern kenn ich jetzt also drei Deutsche, eine handvoll Nicaraguaner und den Begriff für Disco in Condega.

Disco ist in Österreich (und vermutlich ist es in Deutschland nicht anders) etwas eher dunkles, lautes mit Zigarettenqualm gefülltes und von vielen Lichtern bespieltes Etwas. „Etwas“ bewegt sich da dann im Bereich zwischen „alte Fabrikhalle“ bis „kleiner, verwinkelter Raum“. Es wurde von einer Disco in Estelí erzählt, die in etwa einer Disco bei uns entspricht, allerdings weiß ich noch nicht, wie genau das zu verstehen ist 😉 . Das Las Vegas jedenfalls ist eine Kombination aus Restaurant und Tanzsaal, wobei „Saal“ nicht wirklich zutreffend ist, da es sich um lauter offene Pavillions handelt. Es werden 25C$ Eintritt verlangt, auf den überraschten Blick (normalerweise ist freier Eintritt) und vielleicht die Tatsache, dass wir vier Ausländer sind, zahlen wir nur 20C$. Der Eintritt ist laut Türsteher wegen der auftretenden Band zu berappen. Hui, erster Abend in einer nicaraguanischen Disco und gleich mit Liveband! 🙂

Die Band setzt sich aus diversen Blechblasinstrumenten, zwei Trommlern und einem Rythmusscharrgerät zusammen. Letzteres ist ein zylinderförmiges Metallding, das einen Griff zum Festhalten und überall Riffeln zum Lärmmachen hat. Diese Formation spielt dann flotte Rythmen und Lieder (alles mögliche zwischen Rumba, Polka und Hochzeitsmarschähnlichem), die man in Österreich vielleicht auf einer Hochzeit oder einem großen Geburtstagsfest erwarten könnte, aber eine Disco innerhalb von Minuten leerfegen würde. Hier jedoch wird abwechselnd zu Bandmusik und zu Discomusik, wie man sie auch bei uns kennt (außer, dass hier das meiste auf Spanisch gesungen wird), getanzt. Dazu trinkt man dann Bier, das mir aber sowas von überhaupt nicht schmeckt, dass ich davon fast Kopfweh bekomme.

Insgesamt kostet mich der Spaß ungefähr 65C$ was 2.371363€ sind. Um diese Summe bekommt man in Österreich nicht einmal ein Glas stilles Wasser, beim Fortgehen 😀

Von diesem bisher ach so starken Wochenende kann ich mich nun bis Donnerstag erholen, schließlich sind Feiertage. Ich hoffe, dass wieder mehr Bilder entstehen, Zeit wärs 😉

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Sind Sie sicher, dass Sie diese Piñata zerstören wollen? Ja / Nein

Jetzt wird sie sterben, die Piñata.

Es wird jedoch nicht der Bär, für den ich quasi mit verantwortlich bin eingeweiht, sondern ein Vogel, der schon länger herumhängt. Bevor man anfangen kann, muss man natürlich ein Seil irgendwo, hoch oben befestigen. Das wird mit einer Konstellation bewerkstelligt, die man in Österreich nicht einmal laut ausprechen dürfte. Drum zeige ich es nur 😉

Und da lacht der Schelm auch noch!

Und das ist der Vogel. Vor seiner drohenden Zerstörung natürlich. Der ahnt nichts und tanzt und hüpft am Seil, geführt von Elvin.

Da zwitschert es noch fröhlich, das Vöglein

In schwarz-gelbem Gefieder
tanzt sie auf und nieder.
Hin und her
und neckt den Spieler gar sehr.
Der Reim ist mir nicht wirklich gelungen … werd’s auch nie wieder versuchen. Ehrlich!

Und jetzt noch zu ein paar Bildern, weil das einfacher ist, als lange drum herum zu labern.

Im Eifer des Gefechts ist man oft blind vor rasender Wut. Manchmal sind auch einfach nur die Augen verbunden ...

Manchmal ist man auch blind vor Liebe und will einfach nur schmusen. Die Blindheit rührt hier aber vermutlich eher von der Augenbinde ...

Auch er langt kräftig zu. Süßigkeiten fallen deswegen aber noch keine ...

Und da stellt sich noch jemand gewaltig blöd an. Zu seiner Verteidigung: Er macht das erst zum zweiten Mal!

Die ersten Süßigkeiten fallen auf den Boden. Die ersten Wellen hysterischen Kreischens beginnen ...

Ja, das ist Rosa Estela, die hier kräftig Hand anlegt und die letzten Reste an Karton und Ton zu Staub zermalmt. Nagut, so gewaltig war es natürlich nicht 🙂
Aber anschließend beginnen die Kinder um die Süßigkeiten zu kämpfen:

Erst stürmen. Sprinter nach vorne!

Dann kämpfen, um den Platz in der Nahrungskette klarzustellen.

Als die letzten Reste der Piñata verschwunden sind und sich alle Süßigkeiten in Kinderhänden und -mäulern auflösen, wird zum Tanz gebeten.

Elvin bittet zum Tanz. Seinen Namen verstehen wir nun auch 🙂

Name ist egal, wir wollen nicht!

Tatsächlich lassen sich die Mädels wieder lange bitten, bis sie in den Ring steigen. Ich bin nicht sicher, ob von Anfang an eine Art Wettbewerb geplant ist, jedenfalls wird nach ein paar Stückerln Musik immer nach Klatschlautstärke entschieden, wer gehen muss.

Abschließend wird wieder zuckersüßes Sprudelgetränk und Kekse gereicht. Dann löst sich die Versammlung langsam aber bestimmt auf und lässt eine Menge Dreck liegen.

Ich bin der einzige mit Armbanduhr, alle kommen zu mir um nachzusehen, wie spät es ist.

Torte hat es keine gegeben, aber ich vermute, das hätte ein Kuchen mit gewaltigen Ausmaßen werden müßen, damit hier jeder was bekommt. Und im Geld schwimmt man hier bekanntlich auch nicht.

Insgesamt und zusammenfassend lässt sich sagen, dass es ein riesen Spaß ist, die Kinder so aufgelöst zu sehen. Jeder kreischt und schreit und wenn es endlich soweit ist und die ersten Süßigkeiten regnen geht’s wirklich um die Wurscht. Fotografieren muss ich ihnen noch beibringen, die Hälfte traut sich meine Kamera nicht einmal angreifen. Aber für richtige Instruktionen fehlt mir noch das Vokabular. Kann ja noch nicht mal Schach erklären 😛

Jetzt ist sie tot, die Piñata.

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