Beiträge getaggt mit la fraternidad

Zwei Monate her, zwei Monate hin

Zwei Monate ist es her, dass ich den letzten Blogeintrag veröffentlicht habe … höchste Zeit also, einen Neuen zu schreiben 😉

Und weil ich die letzten zwei Monat so unzufrieden mit meinen schriftstellerischen Fähigkeiten war, kommt jetzt ein eher auf Fotos betonter Eintrag, der versuchen wird, die letzten zwei Monate Revue passieren zu lassen.

Die wildeste Attraktion: Riesenrad mit sich überschlagenden Kabinen

Im Mai machte anlässlich der Stadtgründungsfeiern ein Vergnügungspark in Condega Halt. Es gab Riesenräder, Karuselle und Zelte mit Saufgelagen zu sehen. Nachts wurden Lichter eingeschalten und natürlich spielte durchgehend viel Musik. Das hatte einen erhöhten Stromverbrauch zur Folge, welchen der zuständige Transformator gleich am ersten Tag nicht überlebte und den gesamten Platz dann den gesamten Monat auf Generatoren angewiesen war.

Ach ja, eine Kinderschiffsschaukel gab es auch noch 🙂

Dann, Ende Mai wurde die Stadtgründung mit einem Fest namens „Los Hipicos“ gefeiert. Dafür holte jeder Pferdebesitzer Condegas alle seine Pferde aus den Ställen und führte sie den großen Zuschauermassen vor. Wenn das jedes Jahr so aussieht, dann verstehe ich nicht, wieso überhaupt noch jemand hingeht, denn wirklich viel Spannendes gibt es nicht zu sehen – Pferde halt:

Viele Menschen, ...

... Cowboyhüte ...

... und Pferde

Und dann, eines schönen Sommertages, Anfang Juni, spielten die Kinder Chibolas. Chibolas ist ganz einfach als Murmeln zu übersetzen, die Art und Weise, mit ihnen zu spielen kannte ich jedoch nur andeutungsweise aus Comics: Man zeichnet einen Kreis und eine Linie in den Sand, etwa zwei Meter voneinander entfernt. Dann legt jeder Mitspieler eine Murmel in den Kreis, quasi der Einsatz. Wer dann (eine neue Murmel vom Kreis weg geworfen) am nähesten an der Linie liegen bliebt, fängt an und wirft nun in die andere Richtung, auf den Kreis zu. Wenn alle geworfen haben beginnt die Reihenfolge von vorne und der Erste versucht Murmeln aus dem Kreis zu katapultieren, indem er sie mit der eigenen Wurfmurmel abschießt. Das klingt jetzt vielleicht einfach, aber da ist schon etwas Technik gefragt, zu fest gedrückt, geht nichts und man bricht sich fast die Finger, zu leicht gedrückt plumpst sie ohne große Kraft gleich in den Sand. Aus dem Kreis katapultierte Murmeln gewinnt man, wenn die Wurfmurmel aber innerhalb liegen bleibt,  gehört sie automatisch dem Nächsten und man setzt bis zur neuen Runde aus.

Und weil Murmeln auch so ziemlich genial aussehen, wieder ein paar Fotos:

Anvisieren und Abdrücken

Im besten Falle gewinnt man 😉

Fülltext, damit die Fotos gut formatiert werden …

Was murmeln die denn da vor sich hin?

... und die Müllabfuhr spielt Schulbus

Dann noch kurz ein Bildkommentar zur Fortbewegung in Nicaragua:

Abseits der Panamericana ist vieles erlaubt ...

Zeilenumbruch

Am 19. Juni wurde endlich der Tag der Kinder gefeiert. Wir (Promotoren) führten ein Stück von Chavo del 8 auf, eine Fernsehserie, die im lateinamerikanischen Raum ähnlichen Kultstatus besitzt, wie Mundl in Österreich. Fotos traue ich mich keine zu zeigen, die Fotografin (ich hatte ja eine Rolle, da konnte ich schwer fotografieren) hat da zuviel verbockt 😛

Eintritt nur mit gültigem Ticket

Zum Abschluss gab es Eis von Eskimo

Und dann war da noch der Ausflug nach Venecia. Ja, zu deutsch heißt das Venedig und kurioserweise überquert man ein Bergmassiv namens Los Alpes. Na gut, massiv war es nur, weil wir es per Rad bestritten, aber wird schon ungefähr 100 bis 200 Meter über Condega liegen. Und 15 Kilometer weiter gen Osten. Klar, das ist jetzt keine große Steigung, aber mit den verfügbaren und in der Gruppe hin- und hergetauschten Rädern war es durchaus eine Aufgabe.

10 Fahrräder, 11 Mitfahrende

Gestartet wurde um halb 8 morgens, um halb 12 waren wir endlich bei unserem Mittagessen, aber noch fünf Kilometer von Venecia entfernt. Anfangs hatten wir mit richtig heftigem Regen zu kämpfen, bis zur Hälfte der Strecke klang er glücklicherweise etwas ab, die „Straße“ – de facto eine Staubpiste – hatte sich aber trotzdem schon in eine Schlammpiste verwandelt. Dementsprechend sahen wir dann auch aus 😉

Der Weg als Ziel?

Dreckig von Fuß ...

... bis Kopf

Das Mittagessen nahmen wir 5 Kilometer vor Ziel in Angriff. Wir besiegten es ziemlich überlegen. Auch die Hunde vor Ort bekamen ihr Fett weg, was offenbar sonst nie der Fall ist – typisch nicaraguanische Hunde halt: Unvorstellbar dürr.

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Ein Panorama 5 Kilometer vor dem Mittagessen

Meins! Meins! Meins!

Nicht ein Krümelchen blieb übrig ...

In Venecia gab es dann wenig Spannendes zu sehen, lediglich einen kinoreifen Sturz später gings deshalb schon wieder Richtung Condega. An unserer Labstelle (das Haus einer Tante eines der Jugendlichen) ließen wir die jüngsten unter uns zurück (sie fuhren dann mit dem Bus), damit war Geschwindigkeit kein Problem mehr. Es wurde gebrettert was die Räder herhielten – was nicht viel ist, bei so vielen kaputten Bremsen und Reifen.

Zirkusreife Akrobatik für Anfänger

Ja, und das war eigentlich schon wieder ziemlich alles, diese Woche wird nur halbtags unterrichtet, weil eine Woche Schulferien sind.

Zwei Monate hin, bis zum Finale einer absolut erlebenswerten Reise ans Ende der Welt …

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2 Kommentare

Die zuckersüße Realität

Und es geht wieder ein bisschen weiter!

Nachdem hier die letzte Zeit hauptsächlich mit Alltag und Englischunterricht vollgestopft war, sind weder großartige Reisen, noch sonst irgendwas entstanden. Ein paar Fotos habe ich immerhin zusammengebracht, die jeweils mit ihrer kurzen Geschichte verbunden sind:

Der glattschwanzige Fuchs

23.2. – Der Zorro und das Gift
Die Sache mit dem Zorro habe ich ja schon vor einiger Zeit erwähnt. Seit dieser ersten Begegnung wurde mir nur einmal erzählt, er wäre auf einem Schaukelstuhl sitzend entdeckt worden, von wo er dann völlig unbeeindruckt den nächsten Baum erklomm und sich in die Dunkelheit verzog, gesehen hab ich ihn nicht mehr.
An besagtem Datum jedenfalls entdeckte Martha den Zorro auf dem Dach des Computerzimmers, und führte ihn beim Versuch, ihn zu verjagen, in eine Sackgasse, die auf einem Mauersims im Zimmer endete. Dort verharrte er, bis des Nachbarn erfahrener Zorro-Experte kam und ihn befreite, für ein kurzes Fotoshooting festhielt und dann abführte.

Die Feuerwehr wollte jedenfalls nicht helfen ...

Am Nachmittag dann, wurde das Zentrum La Fraternidad fumigiert. Das ist eine Methode der Regierung, den Wählern Sympathie entgegenzubringen, indem sie vermummte Männer mit tragbaren Laubbläsern durch jedes Haus durchhuschen lässt, die einen ekelhaften weißen Rauch in die Gegend pusten. Das soll den stechenden Mücken den Garaus machen.
Die Tatsache, dass Häuser in Nicaragua nicht annähernd isoliert sind, daher überall Lücken aufweisen, hilft dem Rauch ein Spektakel zu inzenieren, welches einem Brand im Gebäude sehr ähnlich sieht. Okay, der Rauch ist weiß und daher nicht leicht mit Feuer zu verwechseln. Der Nachmittagsunterricht fiel damit aber flach, der Rauch stinkt viel zu ekelhaft und ist nebenbei auch nicht gerade Medizin.

Zwitschert viel und flattert in unvorstellbarer Geschwindigkeit durch die Gegend

4.3. – Der Kolibri
Mir erschien endlich ein Kolibri, der sich auch noch fotografieren ließ! Und er kommt immer wieder zu den anscheinend besonders leckeren Blüten eines Baumes in La Fraternidad. Einzig das Licht ist mir nicht wirklich gewillt und wirft immer einen Schatten auf den Vogel, was es schwierig macht, ihn gut in Fotos festzuhalten.

15.3. – Die Bienen
Und jetzt zur längeren Geschichte dieses Beitrags: In der Zwischendecke über der Küche wohn(t)en Bienen, summten und sammelten so vor sich hin. Hin und wieder, wenn es gerade passte, verpassten sie einem Passanten einen Stich, im Grunde waren sie aber friedlich.

Ein Bienenstock im Dach

Die letzten Wochen wurde die Invasion der stechenden Viecher aber unerträglich, die Paranoia immer handfester. Vier Stiche fing ich mir ein, nur zwei davon waren berechtigte Abwehrhaltungen: Eine nicht unterdrückte akute Panikattacke bei überraschender Bienenlandung und der Klassiker „großer Fuß (ohne Schuhwerk) von oben“. Martha hingegen erhielt viel mehr Zuneigung von den Bienen geschenkt und verweist auf eine stichhaltige Monatsbilanz. Aus diesem Grund wurde der Imker gerufen, der gestern Abend dann auch endlich seine Arbeit verrichtete.

Die Astronauten bereiten sich auf ihren Einsatz vor

Eineinhalb Stunden und drei Stich pro Mann später war der Bienenstock entfernt, die drei Männer konnten sich aus ihren Astronautenanzügen schälen. Ein riesen Kübel voller honighaltiger Bienenwaben versprach einen Haufen Honig abzuwerfen – wären da nicht die Bienen gewesen, die immer noch auf den Waben verweilten. Immerhin waren sie nicht agressiv, vermutlich wirkte der weiße Rauch noch. Dem Imkerchef war selbst das egal, er griff einfach in den wuselnden Kübel und zog ein paar Waben für die umstehende Zuschauerschar heraus.
Der Blick in die Küche unterstreichte dann die Worte der Imker: Es war verdammt schwierig. Es lagen hunderte tote Bienen am Boden und am Dach lieferten die Wabenstrukturen Aufschluss über die Größe des Stockes. Ohne Schuhe war es sowieso nicht mehr möglich, irgendwohin zu steigen, jede Lampe zog sofort Bienen an, wo sie in Trance bis zur Erschöpfung dem Licht folgen. Die Imker versicherten, in der Früh würden die verbliebenen Bienen verschwunden sein. Das hätten sie auch den Bienen sagen sollen, denn die bilden schon wieder einen neuen Knödel unterm Dach.

Honighaltiger Küchenboden

Das Schlachtfeld Küche

Die Dachunterseite in der Küche

Gabriel zeigt uns den Honig

Inzwischen wurden ungefähr zwei Liter Honig geerntet, es fehlt mindestens noch einmal so viel, was aber von den leider wieder aufgewachten Bienen verhindert wird. Martha hat sich beim Versuch, mehr Honig abzuschöpfen jedenfalls schon wieder mindestens zwei Stiche eingefangen.

Soweit der Stand der Dinge, man liest sich!

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Visen, Chaos und ein neuer Anfang

Na gut. Dann schreib ich halt wieder mal was 🙂

Es ist nämlich so: Nachdem mein Visum ja am 7. oder 8. Februar auslief (die Ungenauigkeit rührt von der Ungewissheit der Zählweise her), ich aber dummerweise zu lange wartete, ging am 3. Februar zur Migration in Estelí. Dort konnte man mir nur mitteilen, dass es nur zweimal möglich ist, ein dreimonatiges Visum im „normalen“ Verfahren zu erlangen. Die offizielle Variante in solchen Fällen wäre außerdem auszureisen, 72 Stunden zu warten und wieder einzureisen. Nachdem Honduras (für mich die nächste Grenze) netterweise mit Nicaragua ein gemeinsames Visumssystem betreibt, würde die Reise also nach Costa Rica führen müssen.

Am Freitag wurde ein neuer Anlauf gestartet, diesmal ausgerüstet mit Arbeitsbelegen, Briefen von Fraternidad und Bürgermeister und Gastmutter Martha. Die Dame hinterm Schreibtisch laß sich alles durch, konnte aber nur auf eine eventuelle Lösung des Problems in Managua hinweisen. Am Nachmittag rief ich also im österreichischen Konsulat an, welches es eigentlich gar nicht gibt. Deshalb wird man auch automatisch ins Büro für österreichische Entwicklungzusammenarbeit weitergeleitet, wo ich der zuständigen Dame auf Deutsch mein Problem erläuterte. Diese meinte, ich solle doch so schnell wie möglich nach Managua kommen, alle Unterlagen mitnehmen, die vielleicht von Bedeutung sein könnten, vorher aber meine überzähligen, sprich, visumslosen Tage in der Migration zu bezahlen, sonst würde es wahrscheinlich nicht funktionieren.

Also am Montag wieder auf nach Estelí, diesmal schon bekannt und sogleich zum Chef des Hauses geführt. Die folgende Viertelstunde kümmerten sich zwei Angestellte und der Chef darum, eine mögliche Lösung zu finden, gaben mir schließlich den Rat, es in Managua zu versuchen. Dort gäbe es diese und jene Person, die mir helfen würde. Wenn es noch Probleme gäbe, sollte ich einfach den Chef persönlich am Handy anrufen.

Dienstag dann auf nach Managua. Damit uns die Zeit nicht davonläuft fuhren wir schon im Bus um sechs Uhr in der Früh. Um kurz vor neun saßen wir im Taxi zur Migration und keine Stunde später standen wir wieder auf Feld eins. Der Schalterbeamte hatte mir zwar nach seiner eigenartigen Zählweise noch drei Tage mehr Visum konstatiert, aber nur stur auf die Ausreise verwiesen, da konnte auch der Chef aus Estelí nichts mehr ausrichten. Um aber dann doch nicht völlig umsonst nach Managua gefahren zu sein, rief ich noch im österreichischen „Konsulat“ an und schilderte nochmals das aktuelle Problem. „Egal, kommen Sie trotzdem.“ Also auf ins Taxi und quer durch die Stadt. Dort wurden dann innerhalb einer halben Stunde Daten angegeben, korrigiert und weitergeleitet, Pass eingezogen und die erste Entschuldigung seit Jahren verfasst und unterzeichnet. Aber nicht an den Lehrer wegen Fernbleiben des Unterrichts, sondern wegen Passlosigkeit an eventuell kontrollierende Migrationspolizisten.

Jetzt sollte die Frist bald verstrichen sein und damit mein Visum, ergo mein Pass, vermutlich fertig; mal sehen, wie lange die Mühlen der Bürokratie diesmal arbeiten.

Im Projekt wurde es in letzter Zeit wieder chaotischer, am 15. Februar wurden die Schulen und auch das Zentrum mitsamt seinen Kurse erstmals wieder für Kinder geöffnet. Nachdem aber von den zur Zeit etwa 200 eingeschriebenen Kindern nur etwa zwei Drittel erscheinen, noch keine Hausübungen mitbringen, viele zum ersten Mal dabei sind und der Kurs Nachhilfe völlig neu besetzt wurde, herrscht noch etwas Verwirrung, wer wieso wo und wann zu sein hat. Schon zu Anfang wurde dem Chaos des letzten Jahres, der fehlenden Motivation einiger Mitarbeiter und der Einfallslosigkeit mancher Programme der Kampf angesagt, was sich doch schon mal gut anhört. Wie dies allerdings geschehen soll, wo doch gerade eine Aufbruchsstimmung der nicht sehr netten Art herrscht: Die vielfach geführte Diskussion des unbestreitbar viel zu niedrigen Gehalts wurde intensiviert und führt bei einigen Promotoren immer mehr zu Gedanken ans Aufhören.

Wieder zu erfreulicherem: Gestern, Freitag wurde die Willkommensfeier in La Fraternidad veranstaltet. Schon am Dienstag wurde ein Grundkonzept für das gesamte Fest erstellt und Rollen, beziehungsweise Aufgaben verteilt. Ich war ganz überrascht, wie früh man selbst in Nicaragua Dinge planen kann, wenn nur jemand – dem auch geglaubt wird – sagt, es solle doch endlich damit begonnen werden. Heute Nachmittag wurde das natürlich wieder etwas relativiert, weil doch einiges fehlte. Aber mit ein bisschen Spucke und Spontanität wurde alles mehr oder weniger gut gelöst. Nachdem die Spiele von uns „Ausländern“ gestaltet wurden, lieferten wir auch den Großteil des Programmes und viel spieletechnisch Neues.

Die Schummelpolizei muss einschreiten

Begonnen wurde mit zwei Runden Bananen-Wettessen. Mit verbundenen Augen im Duett, viel Geschrei, Gelächter und nicht ganz schummelfreiem Verlauf 😉 .
Danach wurde in 50-Liter-Mehlsäcken um die Wette gehüpft. Zuerst traten zwei Burschen, dann zwei Mädchen gegeneinander an. Die dritte Runde wurde zum lautstark bejubelten Kampf der Geschlechter, Bursche gegen Mädchen. Nach drei Viertel der Strecke stürzte der bis dahin klar in Vorsprung liegende Knabe und überließ damit ungewollt seiner Konkurrentin den Sieg. Ab diesem Zeitpunkt kamen die Kids immer mehr in Stimmung und es wurde mit jeder Minute lauter. Für die Moderatorinnen wurde es dadurch trotz der Unterstützung der Promotoren immer schwieriger, sich Gehör zu verschaffen.

Marlito kann locker ins Ziel hüpfen, während sein Kontrahent ein wahres Massaker an den Slalomstangen anrichtet

Bei den Damen geht es da schon knapper zu

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Aber hier ist plötzlich das gesamte Publikum mit dabei

Kistenrennen mit allzu am Boden festpickenden Schachteln

Trotzdem wurden noch zwei Runden Kistenschieben veranstaltet und zweimal Sesselgetanzt.

Danach wurde versucht den beinahe traditionellen Wetttanz zu starten, den ich aber erfolgreich unterbinden konnte. Wieso? Weil ich selbigen inzwischen als absolut entbehrlich empfinde. Ein paar Mädchen tanzen und nach jeder Runde wird ein Pärchen vom Publikum rausgewählt. So weit so gut. Die Stimmung und besonders die Beliebtheit der Mädchen entscheidet dann, ob es mehr Geklatsche oder Gebuhe gibt, welches man den Kindern als „Erziehungsbeauftragter“ ja eigentlich ersparen sollte. Stattdessen wurde Linas Idee des Zeitungstanzes aufgegriffen, die eine neue Erfahrung für alle und meiner Meinung nach einen gelungenen Abschluss darstellte.

Penibel wird die Technik studiert und dann Tips und Tricks ausgetauscht

Dabei tanzen Pärchen auf jeweils einer Seite Zeitungspapier, dürfen den Boden aber nicht berühren, sonst wird fliegen sie  raus. Sobald der Moderator das Zeichen gibt, wird die Seite einmal auf die Hälfte gefaltet und schon gehts weiter. Der Witz dabei ist natürlich, dass man immer weniger Platz hat und sich irgendwie einfallen lassen muss, wie man auf so wenig Standfläche zwei Personen unterbringt – und dabei das Tanzen nicht auch noch vergisst. Ab Faltung Numero drei wurden die beiden übrigen Paare von allen Seiten mit Tips und Tricks überhäuft, angefeuert und – wenn nötig – gestützt.

So sieht es dann aus, wenn eigentlich nur mehr ein Fuß Platz auf der Zeitung findet

Der leicht schale Beigeschmack, den einige Kinder mit ihrem Benehmen verursachten war wieder vergessen und noch schnell die unausgesprochene aber deutlich sichtbare Forderung nach Süßigkeiten erfüllt, dann ging alles und jeder nach Hause, war ja schon wieder halb fünf Uhr.

So siehts aus, meine Freunde, so ist das!

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Der lange Weg zu den inexistenten fünf Pinien

Heute geht es also um die etwas spontane Reise nach Cinco Pino. Kurz zur „Entstehung“ dieser Reise: Das Büro CHICA lud am 15.12. zum Fortbildungs- und Diskussionskurs über Gender ein. Daran nahmen sämtliche von CHICA unterstützten Projekte aus Condega teil, also auch La Fraternidad. Am darauffolgenden Tag wurde eine Feria, also eine Ausstellungsmesse verantstaltet, auf der die meisten CHICA-Projekte ihre Arbeit ausstellten und – wenn möglich – zum Verkauf anboten. Ich wurde da mehr oder weniger mit hinein gezogen, als man mir im Gemeindeamt davon erzählte und Elmer Zelaya – der Chef von CHICA und damit auch von La Fraternidad und mir – mich einlud, doch auch mit zu fahren.

Gesagt getan, am Mittwoch geht es um 3 Uhr in der Früh unter die Dusche (Ich kann nur sagen: KAAAALT!) und um 4 Uhr zum Treffpunkt vor der Gemeinde. Nachdem wir aber in Nicaragua sind, ist ein bisschen Wartezeit natürlich vorprogrammiert. Ich lerne inzwischen eine Mitarbeiterin des Projektes AMSONAC kennen, welches (bis auf den Chaffeur) ausschließlich Frauen anstellt und Fruchtsäfte mit tropischen Geschmacksrichtungen herstellt und überraschend professionell abfüllt und verpackt. Und immerhin ist nicht in jedem Saft noch zusätzlich Zucker drinnen 🙂

Als dann endlich ein paar Menschen mehr eintreffen, erfahre auch ich endlich, dass der Ausflug nicht ein Tagesausflug sein wird, sondern sich durchaus ein oder zwei Nächte hinziehen könnte. Ich sprinte also noch mal zurück zum Haus, packe alles nötige schnell in eine Tasche und kurz vor fünf Uhr sitze ich neben Leonell hinten auf der Ladefläche des Pick-Ups der Gemeinde. Dann wird noch kurz mit dem zweiten Auto Funkgeräte ausgetauscht und los gehts in die eisige Nacht. Es ist die bisher kälteste Woche, mit dem Beinahespitzenwert von 11°C, was einem bei Fahrtwind fast bis unter die Haut geht. Leonell hat überdies nur eine Jeansjacke an und friert sich fast Kopf und Finger ab …

Im Morgengrauen wird an der Kreuzung, an der wir die Panamericana verlassen kurz gefrühstückt und schon geht es wieder weiter auf die scheinbar endlose Reise nach León. Nachdem nämlich keiner so genau weiß, wo Cinco Pino (zu gut Deutsch: „Die fünf Pinien“) liegt, wird davon ausgegangen, wir würden in die Nähe Leóns fahren. Es handelt sich demnach um dieselbe Strecke, die wir schon einmal nach León bestritten haben, nur dass damals einfach kein Platz war, sich die Landschaft genauer anzusehen. Außerdem sitzen wir auf der Ladefläche beinahe in Richtung Osten, also den Blick in den Sonnenaufgang gerichtet, was die Reise schon etwas wärmer macht. Auf halber Strecke nach León biegen wir auf einmal von der großen Straße auf einen kleinen aber gepflasterten Weg ab und wir sind zum ersten Mal sicher, dass die Reise nicht in León enden wird.

Ab El Sauce wird die Straße dann plötzlich ausnehmend schlecht und vor allem staubig. Weil wir das zweite Auto sind, bekommen wir hauptsächlich Staub zu sehen, was uns äußerlich um 20 Jahre altern lässt, so weiß werden wir. Nach zwanzig Kilometern erreichen wir Somotillo, welches sich schon durch eine irrsinnig breite Straße  und riesige Brücken über zwei eigentlich normale Flüsse ankündigt. Laut den Schildern, die überall herum stehen, wurde diese Infrastruktur von Japan gespendet – hatte nicht gewusst, dass Japan nach Nicaragua gespendet hat. Nach ein bisschen Verwirrung finden wir die richtige Kreuzung und schon sind die letzten 20 Kilometer dran. Nach kurzem Aufenthalt bei einer Militärstreife (die das erste Auto durchfilzt, dann einen Rucksack einer Dame öffnet, den dann peinlich berührt wieder schließt und uns allesamt durchwinkt) kommen wir in Cinco Pino an und können keine einzige Pinie entdecken. Dafür aber den Treffpunkt, den wir schon mehr als eine Stunde zu spät erreichen.

Während die schon angekommenen anderen Gruppen (von León bis zum Río San Juan) sich in auflockernden Spielen kennen lernen, lassen Leonell und ich unser Kreuz ausspannen und besprechen mit den anderen Condegianern die kommenden Ereignisse. Dann geht es los und wir gendern was das Zeug hält. Es sind erstaunlich viele Männer am Diskutieren, auch Semester, von denen man es eher nicht mehr erwarten würde, feministisch zu sein.

Da ich mich an die Details nicht mehr genau erinnern kann und die sich auch fast nur um gegenseitig Argumente auffrischen und bestätigen drehten (deswegen aber nicht uninteressant waren), springe ich direkt zum nächsten Tag.

Nachdem wir noch am Vorabend in die nächste „große“ Stadt Somotillo zurückfuhren um dort unser Hostel aufzusuchen, wachen wir erstaunlicherweise am Donnerstag dort auch wieder auf. Irgendwas haut mit der Wasserleitung nicht hin, also muss man sich beim Duschen Wasser mit einer kleinen Schüssel aus einer Regentonne schöpfen und über den Kopf schütten. Die Tonne steht natürlich in der Dusche 😉 . Schon vorm Schlafengehen haben wir entdeckt, dass der mitgebrachte Laptop für die Präsentation defacto kein Stromkabel mehr hat, weil das nur noch ziemlich unzuverlässig Saft liefert.

Die Anreise zurück zu einem Projekt vor Cinco Pino verzögert sich wieder planmäßig um fast eine Stunde – allgemeine Verspätungen, ein paar Damen, die noch schnell shoppen gehen und Autos auftanken summieren sich eben. Wir nehmen zwei andere junge Männer mit, die vom Río San Juan kommen, welcher die südliche Grenze Nicaraguas zu Consta Rica darstellt. Das Projekt nennt sich APRODESE (Asociación Para el Desarrollo Económico Sostenible de El Espino y Comunidades Aledañas – Verein zur nachhaltige ökonomische Entwicklung von El Espino und den umliegenden Gemeinden) und ist auch ein von CHICA und damit Österreich finanziertes Projekt, das sich hauptsächlich um Ausbildung in diversen handwerklichen Dingen dreht. Dort angekommen suchen wir uns zwei Tische und sichern unseren Platz unter dem riesigen Partyzelt, das für Condega reserviert ist.

Das sind Japas - also Ohrringe - um 20 Cordoba das Paar

Nach kurzer Suche aber einiger Erklärung bekommen wir vom Computerraum einen PC zur Verfügung gestellt, den wir dann an unseren Beamer anschließen, noch kurz ein Video-Abspiel-Programm installieren und schon läuft der Film in Endlosschleife. Blicke nach allen Richtungen offenbaren aber, dass wir damit die Einzigen sind und auch bleiben werden – die Meisten bieten lediglich ihre Produkte feil und viele haben noch Plakate, Flyer und/oder Fotos auf Lager. Obwohl La Fraternidad sozusagen „nur“ Handarbeit und künstlerische Leinwände anbieten kann, werden wir bereits beim Auspacken immer wieder um die Preise der Ohrringe, Polster und Armbänder gefragt. Der Stand der Frauen von AMSONAC verkauft sämtliche mitgebrachte Säfte innerhalb weniger Stunden und fängt dann an die als Dekoration mitgebrachten Früchte unter die Menschen zu bringen. Die Stände von INPRUH und den Mujeres Trabajadoras liegen nach dem Ansturm wegen des „Uh!-Neu!“-Effektes – ähnlich wie wir – recht durchschnittlich und kontinuierlich im Verkauf.

Es ist grundsätzlich schon ziemlich erstaunlich, wieviele Stände aufgebaut sind und damit auch, wieviele Projekte CHICA finanziert. Inzwischen ist aber nicht mehr völlig sicher, wie lange diese österreichische Unterstützung, so wie sie jetzt funktioniert, noch aufrecht erhalten wird. Die zwei auffälligsten Stände sind eine ökologische Latrine (welche die Kontamination des Grundwassers gewaltig reduzieren bis aufheben könnte) und Vertrieb und Förderung von Solarmodulen (welche in ländlichen Gegenden ohne Stromleitungen – bei gemäßigtem Verbrauch – genügend Strom herstellt). Natürlich fällt auch der Tisch mit den Kakaofrüchten auf, der mit ein paar Tafeln Zotter-Schokolade auf einen der Abnehmer des Bio- und Fair-Trade-Kakaos hindeutet.

Auch der Name der Band war etwas außergewöhnlich, könnte aber nicht mehr genau sagen ...

Abgeschlossen wird der durch und durch unterhaltsame Tag mit einem Konzert einer Jugend-Rock-Band, die sich allergrößte Mühe gibt, die Stimme des Leadsängers irgendwie hin zu biegen oder zumindest durch lauteres Spielen zu kaschieren. Nachdem das Mittagessen erst um zwei Uhr eintrudelt und wir da schon beinahe am Gehen sind, hebe ich es auf und nehme mir vor, halt auf der Ladefläche im Fahrtwind zu essen. Das wird dann aber etwas schwierig, weil wir eine andere Strecke nach Hause nehmen. Die neue Strecke ist reinste Staubpiste im ärgsten Gebirge; steinig und holprig, soweit man sieht, an eingestürzten Brücken zu durchquerende Bäche, die sich mit einem Pick-Up gerade noch so ausgehen, ohne dass der Auspuff völlig im Wasser versinkt. Und Leonell und ich auf der Ladefläche, hauptsächlich damit beschäftigt nicht mitsamt der Ladung einen Hops in die Pampa zu machen und dabei noch sämtlich Extremitäten im Zaum zu halten. Mein Mittagessen wird also ein hastiges Schlingen zwischen Schlaglöchern, dementsprechend sehe ich danach aus 😀 .

Gelohnt hat sich die Reise aber trotzdem: Wir brauchen um beinahe zwei Stunden weniger als bei der Hinreise und haben dabei noch eine kurze Essenspause in Limay – ein absolut niedliches kleines Städtchen mitten in den Bergen – eingelegt. Netterweise fährt diesmal auch das andere Auto in einem Abstand von ein bis zwei Kilometer hinter uns, um uns den Staub in den Haaren zu ersparen. Und die Landschaft ist umwerfend unberührt (wenn man von den Wegen in den Dörfern selbst mal absieht), man sieht Bäume, doppelt so groß wie die größten Eichen und nach Sonnenuntergang den mit Straßenlaternen ausgeleuchteten Weg im Tal unter sich.

Und zum Abschluss unsere große Reise auf Mappe. Die Nähe zu Honduras wurde mir erst auf der Karte bewusst ...

Insgesamt hat die Reise wieder meine Ansicht von Nicaragua – die in letzter Zeit etwas an der falschen Mischung an Menschen und deren Sicht der Dinge gelitten hat – wieder auf Touren gebracht und mir gezeigt, was alles möglich ist, wenn man nur möchte. Und sich traut, nachzufragen. Denn grundsätzlich sind sie äußerst hilfs- und auskunftsbereit, die Nicaraguaner …

INPRUH, Mujeres Trabajadoras, AMSONAC, La Fraternidad und Alcaldía: Es war mir ein Volksfest! 😉

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Natur, Kinderfilmpiraterie und Adiós

Das Schrecklichste an der langen schrifstellerischen Pause ist die riesige Menge an Erzählungen, die nachzuholen wäre an die man sich aber nicht mehr erinnern kann …

Sieht gemütlich aus, ist aber vermutlich "sehr aktiv"

Am Sonntag, den 14.11. waren wir in El Tisey. Adriana, Angelika und ich. Das ist quasi eine bessere Hügelkette, die Blick über Estelí und Umgebung gibt. Sonntag in der Früh gings mit dem Bus nach Estelí, dort dann mit dem Taxi in die Highlands. Nach einer Extrarunde, weil der Fahrer sich nicht ausgekannt hat, sind wir dann im Wald auf die gewünschte Hotel-Restaurant-Ökofarm-Mischung gestoßen und haben uns einen ersten Tee/Kaffee mit traditionell nicaraguanischen Keksen gegönnt. Nach etwa einer Viertelstunde Spaziergang auf den Hügel hinter der Anlage bekommt man dann einen absolut genialen Blick auf Estelí und sieht in der Ferne einenVulkan Rauchzeichen geben. Angeblich gehört der mehr oder weniger zu León.

Durch den Wald zurück, ist uns auf dem Weg zum Mittagessen nur noch ein Blumengarten im Weg gestanden, der noch schnell ausgiebig begutachtet wurde. Alles was in Österreich als Zimmerpflanze ihren schnellen Tod findet, wächst und gedeiht hier prächtig: Neben Orchidee, Weihnachtsstern und Chili viele andere – für mich – namenlose Schönheiten.

Auch sowas wächst hier ... wie immer es auch heißt

Mittagessen war dann auch traditionell und gut: Henderlsuppe und frischer Orangensaft (mit nicht übermäßig viel Zucker!) und als Nachspeise traditionelle Buñuelos (aus Maismasse geformte Kugerl in Honig- oder Zuckerrohrextraktsoße).

Die Heimreise ging dann im gewöhnlichen öffentlichen Bus von statten, was bei der Geschwindigkeit noch die Zeit ließ, die Sonnenstrahlen des späten Nachmittags auf die umliegenden Hügel zu genießen.

In den letzten zwei Wochen war ich noch ein paar Mal in Estelí, kenne dort inzwischen ein paar Straßen mehr, hab inzwischen zehn DVDs gekauft und mich gewundert, wieso Kinderfilme generell eher absolut miese Qualität haben. Dürfte irgendwie eine Regel sein oder so. Vielleicht wird in der Filmpiraterieschule gesagt „Und bei Kinderfilmen schauts bitte, dass ihr eine absolut grausliche Qualität runterladets. Wenns das nicht gibt, verhauts den Ton, oder schneidets zumindest das Bild auf ein Format zusammen, dass die Hälfte fehlt. Der Überhit wär natürlich alle drei Optionen gemeinsam!“, ich weiß es nicht. Es ist jedenfalls zum verrückt werden.


Interessant!

Freitag den 26.11. steht das große Fest an. Es ist nämlich soweit: Die Kinder werden in die Sommerferien entlassen. Die aktuell verlautbarten Temperaturen und Schneebarometer aus Europa sind hier nämlich nicht im Entferntesten nachzuvollziehen. Nicht weiter verwunderlich, bei Mindesttemperaturen von 14°C – in der Nacht. Die Pforten von La Fraternidad sind jetzt zwei Monate lang für Kinderbetreuung geschlossen, ich werde mich daher auf eine Homepage für das Projekt und kleine – bisher undefinierte – Aufgabenstellungen der Gemeinde konzentrieren.


Doch! Wirklich!

Für das große Fest wird schon am Donnerstag angefangen zu kochen, dass kein Programm vorhanden ist, kommt man dann erst 15 Minuten nach Beginn drauf – dementsprechend chaotisch (und mit einer Stunde Verspätung) beginnt die Moderation, die kurzerhand zwei Jugendliche in die Hand nehmen. Es wird (wie bei jedem Fest) eine kleine Tanzeinlage gebracht, eine chaotische Geschenkausteilaktion begonnen, dann aber abgekürzt und ohne Spiele aufs Essen übergegangen, damit wenigstens das Ende des Festes um vier Uhr mehr oder weniger pünktlich eingehalten werden kann.


Die Tanzvorführung wird genauestens begutachtet

 

 

 

 

 

 

 

Im Laufe der nächsten Tage kommt das lange Wochenende dran 😉


Interessant!

Freitag den 26.11. steht das große Fest an. Es ist nämlich soweit: Die Kinder werden in die Sommerferien entlassen. Die aktuell verlautbarten Temperaturen und Schneebarometer aus Europa sind hier nämlich nicht im Entferntesten nachzuvollziehen. Nicht weiter verwunderlich, bei Mindesttemperaturen von 14°C – in der Nacht. Die Pforten von La Fraternidad sind jetzt zwei Monate lang für Kinderbetreuung geschlossen, ich werde mich daher auf eine Homepage für das Projekt und kleine – bisher undefinierte – Aufgabenstellungen der Gemeinde konzentrieren.


Doch! Wirklich!

Für das große Fest wird schon am Donnerstag angefangen zu kochen, dass kein Programm vorhanden ist, kommt man dann erst 15 Minuten nach Beginn drauf – dementsprechend chaotisch (und mit einer Stunde Verspätung) beginnt die Moderation, die kurzerhand zwei Jugendliche in die Hand nehmen. Es wird (wie bei jedem Fest) eine kleine Tanzeinlage gebracht, eine chaotische Geschenkausteilaktion begonnen, dann aber abgekürzt und ohne Spiele aufs Essen übergegangen, damit wenigstens das Ende des Festes um vier Uhr mehr oder weniger pünktlich eingehalten werden kann.


Die Tanzvorführung wird genauestens begutachtet

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Ein Kommentar

„Fantasielose Müdigkeit“ …

… ist schuld an diesem Titel.
… ist schuld daran, dass wieder mal nur ein Revueartikelchen entsteht.
… ist schuld daran, dass die Ideen sich immer noch weigern niedergeschrieben zu werden.
… ist was grässliches.

Freitag, 15.10.
Die Bauarbeiter sind da (im Fraternidad). Sie hauen alles kurz und klein (den schlechten Belag des Vordaches). Sie errichten eine Mauer (damit der Hang nicht in den Abfluss rutscht). Sie reparieren (die beiden WCs). Sie verputzen einige Außenwände (damit man Murals drauf malen kann). Dafür errichten sie Konstruktionen, die in Europa physikalisch ähnlich funktionieren, dort aber definitiv sicherer aussehen (Gerüste). Und meine Kamera erstmals in Kinderhänden (denen von Alberto Jesus).

Und das ist das Ergebnis - oder besser: eines von vielen

Und natürlich kann eine Baustelle nicht ohne Staub leben, schon gar nicht, wenn Beton weggestemmt wird.

Damit man ein ungefähres Bild davon bekommt 😉

Gleichzeitig wird (unangekündigt, sonst würden alle daheimbleiben) ein Kurs abgehalten, der den Kindern Drogen ausreden soll. Es werden unter anderem Plakate gestaltet, Gruppengespräche geführt und ein Film gezeigt. Und mittendrin zockel ich immer wieder mit zwei Kameras durch das Geschehen. Meiner, zum Fotografieren und der des Projekts, zum Filmen.

Fleißig am Plakateschreiben

Nach der Nachmittagsvorstellung wird noch herumgesessen und die Kinder „beschnuppern“ den Neuzugang Angelika. Ich nutze das wieder ganz unverschämt aus und schieße Fotos 😛

Sonntag, 17.10.
Es gibt wieder mal Henderl zum Mittagessen. Es wurde schon am Samstag gekauft und lief seither im Garten herum, jetzt schwimmt es jedenfalls in der Suppe auf dem Holzofen.

Die Farben sind Kunst. Behaupte ich mal 😛

Ich gebe außerdem die Insektensammlung auf, weil wir kein Formalin bekommen und die Tierchen so grausiglich zu stinken beginnen würden. Die Tarantel lasse ich aber nicht im Garten aus – da würde sie gleich wieder gejagt werden – sondern transportiere sie an einen (hoffentlich) sicheren Platz. Und so gibt es jetzt auch ein Bild in beinahe freier Wildbahn.

Für ein Portraitfoto wollt ich mich aber dann doch nicht in die Wiese legen 😉

Von den Nicaraguanern wird behauptet, sie würde beißen und einen sofort lähmen oder umbringen (je nachdem, wen man fragt 🙂 ), von zwei Österreichern wird behauptet, dass sie beißen könnte, aber nicht will und das Gift wäre auch nicht soooo schlimm. Naja, ich bleibe auf der sicheren Seite und halte Abstand 😀

Montag, 18.10.
Die offizielle Willkommensfeier für Angelika steht an und wird dann (mit einer Stunde Verspätung) auch begonnen. Es wird wieder getanzt, gespielt und gelacht. Unter anderem tritt Belma mit der freiwillig mitarbeitenden Professorin auf.

Belma tanzt den Mexikaner

Es sieht schräg aus und ich habe noch nie das gesamte Publikum so lachen sehen

Mittwoch, 20.10.
Ein Ronron hat den Esstisch gefunden, aber seinen Gleichgewichtssinn verloren. Er geht zwei Schritte, dann kippt er um und zappelt hilflos. Wieder aufgestellt beginnt das Spiel von vorne. Auch in der Wiese ergeht es ihm nicht viel besser, ich habe indessen nur Probleme, das zappelnde Ding auf meine Speicherkarte zu bringen 🙂

So siehts aus und ist dabei sogar noch eher klein

Donnerstag, 21.10.
Die Vogelwelt hier ist hier viel bunter und schriller als in Österreich. Nicht nur in Formen und Farben, sondern auch in Gesang und dessen Lautstärke. Ein besonders schräges Exemplar hat vor ein paar Tagen für ein paar Sekunden im Garten Halt gemacht: Orange wie ein Textmarker, mit schwarzen Streifen wie ein Tiger. Den muss ich mir mal vornehmen 😉 . Auch der Guardabarranco ist mir inzwischen schon ein paar Mal erschienen, allerdings immer in Zeiten ohne Kamera. Ein kleiner gelbbauchiger Flugkünstler hat aber bei einer Zwischenmahlzeit in Form von Beeren lange genug stillgehalten, sodass er sich jetzt im Internet wiederfindet.

Aber er beobachtet mich sicherheitshalber schon ganz genau 😉

Allgemeines Geplänkel
Um nachfragen zu können, für welche Computerkurse in der Bevölkerung Interesse besteht, fragt mich Leonell nach den dafür in Frage kommenden Programmen aus. Als ich ihm dann Videoschnitt anbiete meint er ohne Umschweife „Das könnte man dann den drei condegianischen Fernsehstationen anbieten!“ – vermutlich gegen kostenlose Werbung 😉 . Es ist nämlich so, dass die hiesigen Sender alle mit dem Windows Movie Maker arbeiten. Und das ist so, als ob man als Fotograf mit Paint arbeiten würde. Man sieht es den selbstgeschnittenen (und beinahe ausschließlich lokalen) Werbungen und Nachrichten auch an, die alle Spezialitäten des Movie Makers ausprobieren. Szenenwechsel mit Effekten, die selbst in PowerPoint eigentlich nichts zu suchen hätten (fliegende Herzen, hüpfende Bilder, „Umblättereffekt“, …) als kleine Hilfestellung für die Fantasie des Lesers. Dazu trägt die schon etwas betagtere Ausstattung – sowohl Kameras als auch Computer – noch ihren Teil bei. Eine High-End-Video-Editing-Software erwarte ich nicht vorstellen zu brauchen …

Mittlerweile habe ich es geschafft, auf beinahe allen Computern des Computerkurses funktionierende Antivirenprogramme zu installieren, dabei sind aber schon wieder mindestens fünf Maschinen mit Neu-Aufsetz-Bedarf aufgefallen. Aber es ist immer noch so, dass ein USB-Stick gröbstens verseucht zurückkommt, wenn er an diversen, speziellen Computern angesteckt wird. Auch muss man den Kindern endlich beibringen, die Antivirenmeldungen nicht wegzudrücken, sondern den Virus zu eliminieren. Das wird noch ein Haufen Arbeit 😐

Zwischenzeitlich hatten wir diese Woche drei Hühner in der Dusche stehen. Das rührt daher, dass zu Weihnachten ganz Condega Huhn essen will. Da das Angebot aber nicht so flott steigt, oder die Verkäufer einfach ihr Weihnachtsgeld etwas auffetten wollen, steigt der Preis um diese Zeit ganz gewaltig an. Ja, in Wirtschaft war ich immer schon die große Leuchte 😛 . Auf jeden Fall hat man deshalb schon mal ein paar Henderl auf Vorrat gekauft, die jetzt bei Belma auf ihr Ende warten. Um aber den Käfig fertig zu bauen, haben sie erst die Zwischenstation in unserer Dusche passiert 😉

Und weil ich jetzt schon wieder so lange vorm PC hocke und eigentlich lieber schlafen würde, höre ich wieder auf 🙂

Wie gesagt, es gibt bereits Ideen für weitere Artikel … also stay tuned 😉

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Gesichter, Bilder und Spaß

Die letzten beiden Tage habe ich die Gelegenheit gehabt, Fotos von den Kindern beim Spielen zu machen – und ich habe sie erstmals auch wirklich wahrgenommen. Dienstag gingen wir nachmittags ganz spontan zum Spielplatz, wo ich mich – ob der Sonne und der Menge an Kindern – glücklicherweise aus den Mannschaften raushalten hab können.

Da flattert im Hintergrund gerade mindestens ein rosa Elefant durch die Lüfte 😛

Im Eifer des Gefechts verliert man schon mal den Schuh unter dem Fuß ...

Der tanzt nicht, das sieht nur so aus. Ehrlich!

Und hier sieht man vielleicht das bisschen Chaos, das eine Gruppe Kinder und drei Bälle veranstalten gemeinsam können 🙂

Und am Mittwoch ging es dann im Projekt so richtig drunter und drüber. Auch wieder mit Ball – aber nur mit einem – und auch wieder mit Spaß – mindestens genausoviel wie am Vortag.

 

FETZ! TUSCH! KRAWUMM! Ich hab nur leider grad keine Comicschrift zur Hand 🙂

Kurioses (Nicht-)Tor vielleicht ...

Es tut mir ja leid, dass ich inzwischen Präferenzen bei den Kinderbildern zeige, aber wenns um Gesichtesausdrücke geht, gibt es ein paar treffsichere Kandidaten 😉

Dieses Mädchen war zum ersten Mal im Projekt und hat gleich so nett in die Linse gelinst

Die Beiden kommen jedesmal angerannt und betteln um ein Foto. Na dann - bitte schön 🙂

Ich vermute, man kann den Spaß, den die Kinder vor der Linse haben höchstens erahnen, ist nämlich eine große Menge. Aber grundsätzlich ist es jedesmal wieder erstaunlich, wie zufrieden die Kinder nach einem richtig anstrengenden Spiel wirken, auch wenn manchmal Tränen oder gar Blut geflossen sind. Die Eltern werden auch froh sein, wenn die Kinder wieder einmal richtig fertig aber glücklich heimkommen, behaupte ich mal.

Inzwischen fällt es mir auch schon leichter mit den Kindern zu reden, weil ich endlich einen Großteil des Gesprochenen verstehe. Ausnahmen bestätigen die Regel: Jesus (der Erste, der überhaupt mit mir gesprochen hat) ist wahnsinnig schwierig zu verstehen. Nach fast jeder meiner Antworten erscheint ein verständnisloser Blick in dem Gesicht, der nahelegt, dass er wohl doch etwas völlig anderes gefragt hat.

Und nicht vergessen: Wenn es wieder was Neues gibt, gibt es wieder was Neues 😉

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Die Innenseite

Ich werde jetzt beginnen in meiner „Freizeit“, also wenn alle gegangen sind, oder noch niemand da ist Fotos der Innenräume zu schießen. Später werde ich auch Bilder mit Kindern machen, aber die dienen jetzt eher zur möglichst nüchternen Erklärung der Sachlage.

Heute widmen wir uns Teilen der 1. Etappe:
Rechts, also direkt ganz und unmittelbar rechts (die Tür sieht man schon nicht mehr) ist der Handarbeitskurs. Da komme ich nächste Woche hin. Links, die offene Tür ist der Computerraum. Und ganz vorne links, nach dem Gitter ist ein Internetcafé entstanden. Und gegenüber bin ich aktuell beschäftigt, im Kurs für Hausübungen und Nachhilfe. Zwischen mir und dem Computerraum ist außerdem noch das Büro für die Administration.

Vom Eingang aus gesehen. Nagut, man sieht hier schon jemanden: Isaela, "meine" Kursleiterin

Andere Richtung, gleiches Thema. Hier (links) sieht man den Eingang zur Reforziamento (Nachhilfe), direkt anschließend die zweite Tür zum Handarbeitsraum (die ich noch nie offen gesehen habe), die zweite Tür zum Computerraum (die auch nicht benutzt wird), und die Tür zu einem bisher unbenutzem Raum. Dort soll meines Wissens nach ein Nähkurs entstehen, zu dem noch eine Kursleiterin gesucht werden muss.

In die andere Richtung fotografiert

Treten Sie ein, in die Clasa Reforziamento!
Auch wenn eine Tafel an der Wand hängt wird diese nur benutzt, wenn die Kinder malen wollen oder wenn mehrere Kinder dasselbe erklärt bekommen. Damit auch alle was sehen können. Aber es gibt hier individuelle Förderung, nicht zwei weitere Stunden Schule. Würde auch nicht funktionieren, weil hier zwischen Vorschule und 14 Jahren alle Altersklassen vertreten sind.

So sieht mein "Arbeitsplatz" aus, wenn man ihn betritt

Tische zur Seite und schon kann man diverse Spiele spielen. Wie zum Beispiel „El gato y el ratón“, das eine gewaltige Ähnlichkeit mit unserem „Maus, Maus komm heraus, sonst kratz ich dir die Augen aus“ aufweist. Nur dass ich den spanischen Spruch noch nicht völlig verstanden habe 🙂

Wieder andere Richtung, für ein bisschen Übersicht

So, nächste Woche widme ich mich dann bildunterstützt der Erläuterung des Handwerkkurses. Ich habe mir vorgenommen, mit Luftballons ( 😉 ) und Sand, Reis oder Mehl (aber eher Sand, weil ich nicht Essen verwenden will) Jonglierbälle zu basteln.

Und mal schaun, ob ich irgendwann mal Zeit für ein bisschen Familiengeschichten finde 😉

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Der dritte erste Tag

Das Projekt "La Fraternidad"

Seit heute bin ich per Rad unterwegs. Es ist in einem Zustand, der hier als Standard, bei uns aber als „reperaturbedürftig“ gelten würde. Wieso? Licht und Kotflügel? Wer braucht das? Bremsen? Verkehrt verkabelt (Vorne ist rechts, Hinten ist links) und nur halb funktionstüchtig, weil die Hinterradbremse ein bisserl im Nichts heumtapst. Seitenständer? Klappt bei jeder Bodenwelle herunter (mich macht darauf jeder aufmerksam, ich versteh aber anfangs einfach nicht, was die von mir wollen 😀 ), daher bin ich schon ganz froh, dass ich den Großteil der Strecke auf der Panamericana unterwegs bin, das ist die mir bisher einzig bekannte Straße, die in einwandfreiem Zustand ist. Mit Gangschaltung hatte ich hier, ehrlich gesagt sowieso nicht gerechnet, aber selbst die ist vorhanden. Gut, der vordere Kranz ist beinahe nicht schaltbar und die Präzision insgesamt ist weit entfernt jener, die ich von meinem neuen Rad kenne, aber wie gesagt, ich hatte sowieso mit keiner Schaltung gerechnet. Und es ist um Häuser schneller als zu Fuß: 20 Minuten schnell gehen versus 5 Minuten schnell radeln – da gibt es kein Überlegen mehr.

Der Vormittag verläuft beinahe planmäßig, lediglich eingewiesen muss ich noch werden. Weder ins Hospital noch in die Irrenanstalt, sondern in meine Aufgaben und Tätigkeiten. Rosa Estela entwirft einen Arbeitsplan für die nächsten fünf Wochen, der vorsieht, dass ich jede Woche einen anderen Kurs besuche, damit ich alle kennenlerne aber trotzdem genug Zeit habe mich einzugewöhnen. Diese Woche bin ich in der Nachhilfe und Hausübungsgruppe, wo die Kinder – das überrascht ob ihres Namens jetzt vielleicht ein bisschen – Hausübungen machen und Nachhilfe nehmen können.

Ich verstehe nur Bahnhof, die Kinder beschäftigen sich ja mit ihren Grundschulhausübungen, aber als der Stein ins Rollen kommt, bleiben die Hefte liegen und die Karte wird auf Austria untersucht. Die Karte hängt ein bisschen hoch und als Erstes wird natürlich Australien gefunden. Zudem ist die Karte in in der jeweiligen Landessprache beschriftet, deshalb ist das kleine Land, das mit dem eigenartigen O beginnt vielleicht ein bisschen gewönungsbedürftig. Mal schauen, ob morgen noch jemand weiß, wo ich herkomme 😀

Zwischendrin werde ich dem Stadt(projekte)planer Julio Manuel vorgestellt, der drei Laptops und ein paar Computer für die Alcaldía (gewissermaßen das Rathaus) erhalten hat. Die drei Laptops sollen mehr Arbeitsspeicher erhalten, deshalb kommt er kurzerhand mit allen dreien daher, drückt sie mir in die Hand – und quasselt los. Zum Glück weiß ich von den Laptops und ihrem Problem (zu wenig Arbeitsspeicher 😉 ), sonst hätte ich noch blöder dreinschauen müssen, um der Situation die Realität nicht vorzuenthalten. Ich kann ihm dann trotz anfänglicher Verwirrung beider Seiten – das muss man auch erst mal schaffen, dass man sich und sein Gegenüber im Alleingang verwirrt – genau überhaupt nichts sagen, deshalb stellen wir also die drei Patienten ins Büro und ich erkundige mich über Mittag, was eigentlich grad passiert ist.

Dann wird Fangen gespielt. Aber nur die Jungs. Die Mädels bleiben bei Isaela der Leiterin des Kurses, genannt Isa und schreiben. Hausübungen glaube ich, geht ja hektisch hin und her, da verliert man das aus den Augen. Ein Mädchen sieht zu, kommentiert immer wieder, wer grad dran ist und ruft dann immer wieder „Juego“ in die Runde. Also, „Ich spiele“. Nur nimmt das keiner von den Jungs wahr und selbst als ich sie einmal fange bleibt sie sitzen und die Burschen weisen mich gleich zurecht, dass die ja gar nicht mitspielt. Als dann drei Mädels anfangen Fangen zu spielen frage ich, ob wir mit ihnen mitspielen, aber der Kleinste schüttelt bloß den Kopf. Mit zwischen Ungläubigkeit und Verlegenheit pendelnder Miene. Tja … mit 10 Jahren ist man halt den Mädels noch spinnefeind. Sogar hier.

Um 10 Uhr verschwinden die Kinder urplötzlich: Sie müssen sich waschen, essen und dann um 12 in der Schule sein. Jetzt beginnt die Nachhilfezeit, also sollten Kinder kommen. Es taucht aber lediglich ein kleiner Junge auf, der in die Vorschule geht. Anscheinend grassiert die Grippe, da fallen dann immer die Kinder aus. Der Bub ist überhaupt nicht bei der Sache (er sollte a, e, i, o, u üben) und erzählt von seiner Familie und dass er oder sein Bruder – bin ich nicht ganz sicher – eine Waffe kauft mit vielen Kugeln und irgendwen umbringt. Aber mehr so als Fantasie. Und dann kommt was, was ich glücklicherweise am Vortag gelernt habe: Panza ist Bauch. Vor allem im Bezug auf Schwangere. Und er erklärt uns, dass Kinder von dort kommen. Wie sie rauskommen erklärt er auch, da fängt dann Isa an zu lachen, ich verstehe es, vielleicht zum Glück nicht. Auf die Frage, wie er „herausgekommen“ ist, meint er, er sei käme aus dem Rock seiner Mutter. Und eine absolut grausliche Angewohnheit pflegt der Junge: Er kaut auf seinen Blei- und Buntstiften herum. Aber nicht nur kiefeln, sondern richtig reinbeißen bis die Spreissel fliegen. Und nicht nur am hinteren, stumpfen Ende sondern auch vorne. Drum muss er auch ständig spitzen, weil immer die Spitzen verschwinden. Und zwischen den Zähnen tanzend immer wieder auftauchen. Grauslich, sag ich ja.

Der zweite Halbtag gestaltet sich weit schwieriger. Es sind mehr Kinder da, die sind zu allem Überfluss auch noch lauter und sie schlagen sich gegenseitig aus Spaß die Köpfe ein. Da wird getreten, gezogen, geschlagen und gespuckt, bis irgendwer weint. Und ich mittendrin mit keinem Vokabular für solche Fälle. Immerhin ist eine Lehrerin (Alma Ligia) da, die offenbar immer Nachmittags vorbeikommt und unentgeltlich Nachhilfe gibt. Laut Rosa Estelas Plan sollte ich die erste Stunde mit einem Spiel gestalten, das nimmt dann aber die profesora in die Hand, weil ich keinen blassen Dunst habe, was in dem Spielebuch eigentlich drinsteht. Es gäbe zwar auch ein Anderes, in deutsch gehalten, aber die Hälfte besteht aus Ballspielen, die andere Hälfte lässt sich gar nicht oder nur schwer drinnen abhalten. Deshalb übernimmt Alma Ligia das Kommando und versucht Herrin der Lage zu werden, es entstehen ein paar Spiele, aber schon beim Ersten scheitert es an den komplizierten Spielregeln. Dann werden die Spiele immer leichter, die Kinder immer lauter und immer weniger wollen mitspielen, weil die Rowdys immer mehr werden.

Nach einer Stunde ist der Spuk vorbei, mehr als die Hälfte verschwinden wieder in anderen Kursen oder gehen nach Hause, nur ein paar wenige bleiben für die Nachhilfe. Drei Burschen kugeln mit ihren Murmeln am Boden herum, zwei Mädel malen und schreiben am Whiteboard die Stifte leer und nach einer kurzen und zu heftigen Partie Uno (das hier Solo heißt) der Murmelkugler wird es fast gespenstisch ruhig. Erst als es Refrigerio gibt wird es augenblicklich wieder wahnsinnig laut. Und auf einmal sind wieder alle Kinder hier. Refrigerio ist quasi eine Jause, die aus einem Keks und einem Becher Saft besteht und wird den Kindern in der großen Pause gratis angeboten. Und das Projekt bekommt diese Unterstützung eben auch.

Nach der großen Fütterung setze ich mich noch geschwind an die drei Laptops des Bürgermeisters, inzwischen weiß ich was zu tun ist. Fünf Minuten später ist auch das getan und es geht nach Hause.

Ich weiß noch, dass ich eine Vorstellung meiner Gastfamilie geben wollte, aber das geht sich schon wieder nicht aus. Denn jede Minute mehr, die man in sein Kastl starrt gilt man mehr und mehr als ruhig die Umwelt ignorierend, befürchte ich.
Und so bitte nicht!

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Der zweite erste Tag

6 Uhr aufstehen (nicht weils sein muss, sondern weil ich eh nicht mehr schlafen kann und die Gockelhähne heute einen besonders guten Tag haben), duschen (es gibt hier nur kalt und eiskalt, je nach Tagesverfassung) und Frühstücken (Toast mit Marmelade und Tee). Um halb acht wird mich Rosa Estela abholen, die hat nicht weit, wohnt ja direkt gegenüber. Man warnt mich schon mal vor, von wegen Willkommensfeier und so. Gleich zwei, weil ja schließlich beide Gruppen Kinder mich kennenlernen wollen.

Nach einer sehr gemütlichen – weil Rosa jeden kennt, den wir treffen 🙂 – halben Stunde zu Fuß, kommen wir im Projekt an. Soweit so unspektakulär. Auch die erste Stunde verläuft eher ruhig, weil beinahe Normalbetrieb herrscht. Im Computerraum wird Super Mario und Mario Kart gezockt, im Nachhilferaum sitzen ein paar bei den Hausübungen, Zeichnen fällt aus, weil in einer Stunde sowieso nicht viel passiert.

Um 9 startet die Willkommensfeier, alle setzen sich vor die Bühne, wo schon zwei riesige Lautsprecher stehen und auf Inbetriebnahme warten. Es wird erklärt, was eigentlich los ist, wer ich bin, woher ich komme und wie lange ich bleibe, dann wird Musik aufgedreht und getanzt. Vier Mädels tanzen einen traditionellen Tanz. Auf Takt und Choreographie ist hier bitte nicht zu achten, die Geste alleine zählt. Und es macht ihnen Spaß sich so aufzudonnern und im Rampenlicht zu stehen.

Die Sitzordnung ist dem Schatten, nicht der Willkür unterworfen

Anschließend wird etwas gequält nach Mitspielern für die Reise nach Jerusalem gesucht. Da lassen sich die Kids überraschenderweise schon ein bisschen bitten. Ich muss natürlich mitspielen, werde aber nur Zweiter. Dann ersucht man mich ein paar Worte zu sagen, ob meiner spanischen Sprachlosigkeit kommt es aber nur zu ein paar peinlichen Schweigesekunden.

Taktlos wäre, nicht zu klatschen

Anschließend an das Fest kommen die Promotores (die Mitarbeiter des Projekts) zusammen und besprechen dies und jenes. Das Meiste verstehe ich, aber es sind zuviele Tagespunkte um sich irgendetwas zu merken. Etwas ist doch hängen geblieben: Die Müllproblematik wurde angesprochen. Es ist hier nämlich normal, dass man auf den Murals eine gute Umweltpolitik predigt und gleichzeitig Müll verbrennt, auf die Straße schmeißt oder sogar einfach nur fallen lässt. Drum müssen Vorbildwirkung und Mistkübel her.

Nach dem Mittagessen gehts wieder ins Projekt, die zweite Feier steht an. Die Hitze vertreibt uns von der dachlosen Tribüne des Vormittags und obwohl es mehr Kinder zu sein scheinen, wird es nicht so eng wie erwartet. Die „Nachmittagskinder“ sind etwas extrovertierter und tanzen gleich zwei Einlagen als Gruppe, eine traditionelle und eine moderne, die sich aber die Tanzschritte überwiegend beim traditionellen Tanz ausgeborgt und um ein paar Hüftschwünge und -wackler angereichert hat. Dafür fallen das Spiel und die Schweigesekunden aus. Zum Glück.

Heute bin ich leider nicht zum Bildermachen gekommen, kann ja schlecht bei meiner Willkommensfeier hinter der Kamera verschwinden. Aber das nächste Fest kommt bestimmt: Im September kommt eine Deutsche für ein Jahr, soweit ich verstanden habe und im Oktober eine Oberösterreicherin (Angelika, glaube ich) für zwei Monate. Da gibts dann sicher einige Fotos von der Feier. Und ich werde noch schauen, dass ich bis zu meinem Geburtstag jemanden in die Funktionsweise meiner Kamera einweihen kann, da wurde mir schon erzählt, dass zwei Piñatas dran glauben müssen.

Ich bin hier ja berühmt berüchtigt als der ruhige Schläfer. Das rührt daher, dass ich am Tag nach meiner Ankunft am Nachmittag drei Stunden geschlafen habe und bisher in Konversationen eher passiver Teilnehmer bin. Ich denke teilweise schon spanisch und verstehe schon einiges, aber sobald es zum Reden kommt, fällt mir überhaupt nichts mehr ein. Ich habe mir daher die Taktik zurecht gelegt, einfach immer zu bejahen, wenn ich keine direkte Frage höre. Kann natürlich trotzdem sein, dass mein Gegenüber eine Reaktion erwartet …

Hier regnets gerade wieder. Aber es wurde mir versichert, dass das nicht immer so ist. Dezember und Jänner sind Schulferien, aber am Schlimmsten wird es zu Ostern. Mir wurde das ungefähr so erklärt: Im Sommer ist es viel heißer als jetzt. Und zu Ostern ist es viel heißer, heißer als im Sommer. Computer sollen ihre pure Freude an der nicht unbeachtlichen Menge Staub haben, Wiese und Grünzeugs sind eher von der Hitze wenig angetan. Auf jeden Fall freue ich mich schon rieeeesig auf noch heißere Zeiten 🙂

Noch was zur Schule in Nicaragua. Oder zumindest in Condega. Es gibt hier schon Hausübungen, die das Internet erfordern. Also, „sucht das“ und „recherchiert dies“, wie es auch bei uns immer öfter vorkommt. Nur dass es hier einfach bei 99% der Kinder kein Internet im Haus gibt. Jetzt sitzen die Kinder in Internetcafés, zahlen sich dumm und dämlich, können damit wegen der fehlenden Erfahrung auch nicht umgehen und sitzen noch länger dort, als eigentlich erforderlich wäre. Das ist fortschrittliche Bildung á la Nicaragua …

Bis dann 😉

PS: Über die Familie, bei der ich wohne gibts hoffentlich morgen mehr zu lesen.

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