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Urlaub!

Mein Einsatz ist offiziell so gut wie zu Ende, daher muss natürlich ein gebührender Abschluss her. Um ein Jahr Nicaragua abzuschließen bietet sich an, noch einmal vier Wochen das Land besichtigen. Und weil man alleine nicht so gerne reist holt man sich Verstärkung aus Österreich.

Nachdem es also auch diese Gruppe Reisender geschafft hatte, sich durch die USA vorzukämpfen, kamen auch sie mit zwei Tagen Verspätung an. Das warf leider Granada aus dem Programm, aber wir holten das mit einem Tag Intensivstudie nach. Per Taxi um 22€ für den gesamten Tag Wir besichtigten alles nur von außen (auch weil fast alles zu hatte …), sahen die Festivitäten zur Stadtgründungsfeier und rannten vor imaginären Stieren davon. Denn eigentlich sollten ein paar Stiere durch die Straßen getrieben werden, die dann nie kamen. Aber einige fiese Nicas brüllten in unregelmäßigen Abständen „Toros! Toros!“, also „Stiere! Stiere!“ und versetzten die restlichen Nicas (die aus unbekanntem Grund alle totale Angst vor Kühen haben) in Panik. Dann konnte man nur noch wählen zwischen Mitlaufen oder Niedergetrampelt werden. Erst auf dem Heimweg Richtung Managua kam uns auf der Schnellstraße ein durchdrehender Stier unter, die Frage, ob er vielleicht aus Granada käme stellten wir ihm dann aber doch nicht.

Am Montag dann, ging es auf die Insel Ometepe. Aber, um dort hin zu gelangen, muss man natürlich auch den Weg bestreiten. Die erste Station auf ebendiesem stellte die südliche Busstation dar. Ich bin gewohnt, einen Ticketschalter und Schilder vorzufinden, wie es auf bisher allen nicaraguanischen Busstationen der Fall war. Diese ist anders. Es gibt keine Schalter, keine Schilder, dafür aber – schon sobald das Taxi hält – eine Flut an Busfahrern und Ticketverkäufern von allen Bussen, die vermutlich innerhalb der nächsten 12 Stunden abfahren werden. Mit solch einer Informationsflut konfrontiert und zwei leicht verängstigten Nicaragua-Neulingen im Schlepptau mussten auch noch das Taxi bezahlt und ein Bus gefunden werden. Wir schafften es, erwischten einen Bus, der direkt zum Hafen in San Jorge fuhr und konnten schon zwanzig Minuten nach Ankunft mit dem Boot ablegen.

Das wurde durchaus eine Probe für Nerven und Magen, da dem Nicaraguasee irgendwie nicht besonders viel an unserem Wohlergehen lag und schön hohe Wellen vorbereitet hatte. Wir überlebten auch das und konnten schon eine Stunde später unser Hotelzimmer beziehen. Wobei Hotel die Situation nicht annähernd beschreibt. In Wahrheit ist Finca del Sol eine Finca, also eine kleine Farm mit drei Cabañas, was wohl mit Häuschen zu übersetzen wäre. Geführt wird der Betrieb von einer Kanadierin und einem Italiener, die sich dem Ökotourismus verschrieben haben.

Lange Rede, kurzer Sinn, wir am selben Tag nicht mehr wirklich viel, bestaunten noch die Straße, die den letzten Kilometer vor der Finca trotz inflationärem Tourismus immer noch wahnsinnig mies aussieht. Selbst der vernachlässigste Wanderweg in Österreich ist besser befahrbar. Was nicht heißt, dass vor der Strecke irgendetwas mit Rädern auch tatsächlich Halt macht. Räder, Autos, Laster, Busse, solange ein Nica noch nicht feststeckt, fährt er noch weiter.

Am nächsten Tag mieteten wir uns Räder und fuhren damit bis zur Mitte der Insel, wo wir uns das natürliche Schwimmbecken, das Ojo de Agua ansahen. Dieses Wasserauge, wie es auf Spanisch genannt wird, ist mehr oder weniger ein aufgestauter Bach mit unglaublich klarem Wasser und türkisblauer Farbe. Dort relaxten wir dann ein wenig oder sprangen vom Schwungseil gekonnt (oder weniger gekonnt) ins Wasser.

Auf dem Heimweg entdeckten wir noch eine alte Hochseilgarten auf der eine Gruppe Kapuzineräffchen herumtollte und, als wir uns näherten, uns vertreiben wollte, indem einer nach dem anderen auf lärmendem Blech herum hüpfte.

Und weil es ein so schöner Tag war, wurden wir auch noch mit einem unglaublichen Farbspektakel beim Sonnenuntergang belohnt.

Nächster Tag, neue Tour. Geplant war eine Kanutour zu machen, beinahe durchkreuzte der nicht aufkreuzende Bus unsere Pläne, doch wir konnten per Anhalter den Schaden auf eine Stunde Verspätung begrenzen. Für nicaraguanische Verhältnisse ja eh noch gut in der Zeit. Wir fuhren also kreuz und quer durch Flussbiegungen und über Unterwasserdschungel, sahen viele Tiere und kamen schön geschlaucht am Ausganspunkt an. Auf meinen Oberschenkeln hatte sich ein solider Sonnenbrand gebildet; aber was tut man nicht alles für ein wenig Unterhaltung. Gut gegessen, Regen abgewartet, heimgefahren, Tour für den Folgetag ausgemacht und schon war der Tag wieder so gut wie vorbei.

Für den letzten Tag wartete die große Besichtigungstour mit Guide auf uns. Der ach so nette, Spezialpreis versprechende  und englisch parlierende Quatscher vom Vortag tauchte nicht auf, schickte seiner statt einen Kollegen, der sich aber gut anstellte und auch die Spezialtour, von der ihm nichts gesagt worden war anstandslos mitmachte. So konnten wir Petroglyphen und Heuleraffen besichtigen, beinahe schon teuer essen und bestritten den Hochseilgarten mit Bravour und ohne Angst 🙂

Dann ging es noch schnell zum Ticketschalter für die Fähre Richtung San Carlos, die um sechs ablegen sollte, dann eine halbe Stunde zu spät ankam, als gerade der Himmel alles hergab und der Regen strömte. Der kleine Warteraum war bis zum Bersten mit Touristen gefüllt, die natürlich alle Tickets für die „erste Klasse“ besaßen. Erste Klasse meint nur, dass man am Oberdeck sitzt und von der Klimaanlage tiefgefroren wird, die auf gefühlte 10 Grad Celsius herunter kühlt. Und Ticket meint nur, dass man aufs Boot darf, es wird aber weder kontrolliert, ob man ein Erste-Klasse-Ticket besitzt wenn man sich ebendort aufhält, noch wird beim Verkauf darauf geachtet, nur die verfügbare Anzahl Sitzplätze zu verkaufen. Das führt dann auch noch einmal mehr zu chaotischen Szenen, wenn das gesamte Gepäck bitte in den vorderen Teil gebracht werden soll, jeder aber noch irgendetwas aus seinem Rucksack braucht, bevor er tief begraben wird.

Gegen halb acht Uhr abends legte die Fähre dann endlich von Altagracia, Ometepe ab, fast um sechs Uhr morgens legten wir in San Carlos, am südlichen Ende des Nicaraguasees an. Froh, endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, machten wir uns zuallererst auf die Suche nach den Booten für die Weiterreise nach El Castillo. Danach, aus finanziellen Gründen nach Banken. Dieser gäbe es in San Carlos zwei – wenn da nicht die Sache mit den Öffnungszeiten wäre. Unser Boot, für das wir bereits ein Ticket besaßen legte um 8 Uhr ab, die Banken wollten aber trotzdem erst um halb 9 Uhr aufsperren.

Dann wollten uns zu allem Überfluss die vorhandenen Bankomaten ums Verrecken kein Geld geben. Nach dem Frühstück am Stadtplatz ging es dann auch gleich wieder weiter und wir quetschten uns ins Boot. In El Castillo zogen wir dann begleitet von tief schwarzen Wolken aber hoch glücklich über die bestrittene Reise ein und machten es uns den Rest des Tages einfach ein wenig bequem – soweit das neben einer tropfenden Wasserleitung halt möglich ist …

Die restlichen Tage in El Castillo beschäftigten wir uns mit Dschungelwanderung, überaschenderweise im Dschungel; Kaimanbesichtigung bei Nacht; Kakaoplantagenbesichtigung bei Tag; Soft-Rafting in den Stromschnellen und Schlossbesichtigung bei Regen.

Aber das, liebe Leserinnen und Leser, ist eine ganz andere Geschichte 😉

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Zwei Monate her, zwei Monate hin

Zwei Monate ist es her, dass ich den letzten Blogeintrag veröffentlicht habe … höchste Zeit also, einen Neuen zu schreiben 😉

Und weil ich die letzten zwei Monat so unzufrieden mit meinen schriftstellerischen Fähigkeiten war, kommt jetzt ein eher auf Fotos betonter Eintrag, der versuchen wird, die letzten zwei Monate Revue passieren zu lassen.

Die wildeste Attraktion: Riesenrad mit sich überschlagenden Kabinen

Im Mai machte anlässlich der Stadtgründungsfeiern ein Vergnügungspark in Condega Halt. Es gab Riesenräder, Karuselle und Zelte mit Saufgelagen zu sehen. Nachts wurden Lichter eingeschalten und natürlich spielte durchgehend viel Musik. Das hatte einen erhöhten Stromverbrauch zur Folge, welchen der zuständige Transformator gleich am ersten Tag nicht überlebte und den gesamten Platz dann den gesamten Monat auf Generatoren angewiesen war.

Ach ja, eine Kinderschiffsschaukel gab es auch noch 🙂

Dann, Ende Mai wurde die Stadtgründung mit einem Fest namens „Los Hipicos“ gefeiert. Dafür holte jeder Pferdebesitzer Condegas alle seine Pferde aus den Ställen und führte sie den großen Zuschauermassen vor. Wenn das jedes Jahr so aussieht, dann verstehe ich nicht, wieso überhaupt noch jemand hingeht, denn wirklich viel Spannendes gibt es nicht zu sehen – Pferde halt:

Viele Menschen, ...

... Cowboyhüte ...

... und Pferde

Und dann, eines schönen Sommertages, Anfang Juni, spielten die Kinder Chibolas. Chibolas ist ganz einfach als Murmeln zu übersetzen, die Art und Weise, mit ihnen zu spielen kannte ich jedoch nur andeutungsweise aus Comics: Man zeichnet einen Kreis und eine Linie in den Sand, etwa zwei Meter voneinander entfernt. Dann legt jeder Mitspieler eine Murmel in den Kreis, quasi der Einsatz. Wer dann (eine neue Murmel vom Kreis weg geworfen) am nähesten an der Linie liegen bliebt, fängt an und wirft nun in die andere Richtung, auf den Kreis zu. Wenn alle geworfen haben beginnt die Reihenfolge von vorne und der Erste versucht Murmeln aus dem Kreis zu katapultieren, indem er sie mit der eigenen Wurfmurmel abschießt. Das klingt jetzt vielleicht einfach, aber da ist schon etwas Technik gefragt, zu fest gedrückt, geht nichts und man bricht sich fast die Finger, zu leicht gedrückt plumpst sie ohne große Kraft gleich in den Sand. Aus dem Kreis katapultierte Murmeln gewinnt man, wenn die Wurfmurmel aber innerhalb liegen bleibt,  gehört sie automatisch dem Nächsten und man setzt bis zur neuen Runde aus.

Und weil Murmeln auch so ziemlich genial aussehen, wieder ein paar Fotos:

Anvisieren und Abdrücken

Im besten Falle gewinnt man 😉

Fülltext, damit die Fotos gut formatiert werden …

Was murmeln die denn da vor sich hin?

... und die Müllabfuhr spielt Schulbus

Dann noch kurz ein Bildkommentar zur Fortbewegung in Nicaragua:

Abseits der Panamericana ist vieles erlaubt ...

Zeilenumbruch

Am 19. Juni wurde endlich der Tag der Kinder gefeiert. Wir (Promotoren) führten ein Stück von Chavo del 8 auf, eine Fernsehserie, die im lateinamerikanischen Raum ähnlichen Kultstatus besitzt, wie Mundl in Österreich. Fotos traue ich mich keine zu zeigen, die Fotografin (ich hatte ja eine Rolle, da konnte ich schwer fotografieren) hat da zuviel verbockt 😛

Eintritt nur mit gültigem Ticket

Zum Abschluss gab es Eis von Eskimo

Und dann war da noch der Ausflug nach Venecia. Ja, zu deutsch heißt das Venedig und kurioserweise überquert man ein Bergmassiv namens Los Alpes. Na gut, massiv war es nur, weil wir es per Rad bestritten, aber wird schon ungefähr 100 bis 200 Meter über Condega liegen. Und 15 Kilometer weiter gen Osten. Klar, das ist jetzt keine große Steigung, aber mit den verfügbaren und in der Gruppe hin- und hergetauschten Rädern war es durchaus eine Aufgabe.

10 Fahrräder, 11 Mitfahrende

Gestartet wurde um halb 8 morgens, um halb 12 waren wir endlich bei unserem Mittagessen, aber noch fünf Kilometer von Venecia entfernt. Anfangs hatten wir mit richtig heftigem Regen zu kämpfen, bis zur Hälfte der Strecke klang er glücklicherweise etwas ab, die „Straße“ – de facto eine Staubpiste – hatte sich aber trotzdem schon in eine Schlammpiste verwandelt. Dementsprechend sahen wir dann auch aus 😉

Der Weg als Ziel?

Dreckig von Fuß ...

... bis Kopf

Das Mittagessen nahmen wir 5 Kilometer vor Ziel in Angriff. Wir besiegten es ziemlich überlegen. Auch die Hunde vor Ort bekamen ihr Fett weg, was offenbar sonst nie der Fall ist – typisch nicaraguanische Hunde halt: Unvorstellbar dürr.

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Ein Panorama 5 Kilometer vor dem Mittagessen

Meins! Meins! Meins!

Nicht ein Krümelchen blieb übrig ...

In Venecia gab es dann wenig Spannendes zu sehen, lediglich einen kinoreifen Sturz später gings deshalb schon wieder Richtung Condega. An unserer Labstelle (das Haus einer Tante eines der Jugendlichen) ließen wir die jüngsten unter uns zurück (sie fuhren dann mit dem Bus), damit war Geschwindigkeit kein Problem mehr. Es wurde gebrettert was die Räder herhielten – was nicht viel ist, bei so vielen kaputten Bremsen und Reifen.

Zirkusreife Akrobatik für Anfänger

Ja, und das war eigentlich schon wieder ziemlich alles, diese Woche wird nur halbtags unterrichtet, weil eine Woche Schulferien sind.

Zwei Monate hin, bis zum Finale einer absolut erlebenswerten Reise ans Ende der Welt …

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Ja, ich bin noch hier ;)

Und hier bin ich wieder mal!

An unserem (zur Erinnerung: Besuch aus Österreich) letzten Tag fuhren wir kreuz und quer durch Managua auf der Suche nach Sehenswertem. Zuerst zum Revolutionsplatz, der von einer alten Kirche, dem ehemaligen Regierungspalast, der Villa des Präsidenten Daniel Ortega und einem Park mit Denkmäler eingekreist wird. Nach einer halben Stunde im zum Nationalmuseum (das bis zur präkolumbianischen Ära vergleichsweise gut beschriftet ist und danach zur Kunstausstellung diverser (Hoch-)Schulen wird) umfunktionierten Regierungspalast gings nach einem Umweg über eine der wenigen touristischen Uferstellen des Sees nach Tiscapa, einem Vulkankrater mit Lagune mitten in Managua. Da dies auch der höchste Punkt in der Umgebung ist, steht natürlich eine 10 Meter hohe Silhouette von Sandino dort. Oben angekommen waren wir erst mal erstaunt, wie wenig das Bild einer Großstadt gleicht. 1972 zerstörte ein Erdbeben der Stärke 5,6 bis 6,2 ungefähr 90% der Bausubstanz, lediglich das Gebäude der Bank of America blieb quasi unversehrt stehen.

Was wir nicht wussten, war die Tatsache, dass über die Lagune Tiscapa eine dreiteilige Seilbahn aufgebaut ist, auf der man per Klettergurt angekettet nach unten brausen kann. Das mussten wir natürlich trotz Bargeldknappheit ausprobieren. 300 bis 500 Meter lang sind die drei Teilstrecken, leider ist es aber viel zu schnell vorbei. Dieselbe Firma bietet auch am Mombacho solche Seilgärten an, die allerdings zwischen riesig dicken Bäumen gespannt sind und bis zu 30 Stationen umfassen. Das nächste Mal werde ich also nicht nur an den Schreien im Wald vorbei gehen, sondern mitmachen 😀 .

Zum Schluss kann man wie Superman das Seil entlangbrausen

Da gehts dann hinunter mit einem "Murdshodan"

 

Danach ging es noch schnell zu der neuen Kathedrale Managuas, die sich durch eine überraschend moderne Architektur auszeichnet.

Die Catedral Metropoliana Inmaculada Concepción de Managua

Eine sehr helle, geradlinige und doch angenehme Kirche

Um jetzt noch die letzten Tage seit der Abreise meiner beiden Besucher revue passieren zu lassen, eine kurze Zusammenfassung: Am 5.1., direkt nach der Verabschiedung ging ich aus dem Flughafen hinaus um mich über meinen Bus zu erkundigen. Weil mich ein Taxifahrer ansprach, dachte ich, der würde mir vielleicht verraten, ob die Expressbusse auch hier, direkt vor dem Flughafen (wo sie ja vorbeifahren) halten und zusteigen lassen würden. Das sollte sich aber als ein Fehler herausstellen, der mir letztendlich meine Reise um fast zwei Stunden verlängerte. Klar, der Taxler wollte Geld: 5US$ für eine Reise von zehn Minuten 😐 . Während ich also noch mit einem Polizisten sprach, düste gerade ein Bus vorbei. Bis ich realisiert hatte, dass das meiner sein könnte, war er schon wieder am Horizont verschwunden. Mir wurde vorgeschlagen, den Bus per Taxi einzuholen … nur doof, dass sich in den nächsten zehn Minuten kein Einziges blicken ließ.

Nachdem der Plan also definitiv geplatzt war, wartete ich trotzdem auf ein Taxi, diesmal aber mit dem Ziel Busbahnhof. Meine Frage nach dem Preis wurde mir vom Fahrer mit 100C$ beantwortet. Wie gut, dass mich im Vorfeld Gastmutter Martha angerufen hatte, um mir zu sagen, dass man auf keinen Fall mehr als 60C$ zahlen soll. Mein Vorschlag, mich für weniger Geld zu chauffieren gefiel dem Taxler nicht so gut, was sich aber schlagartig änderte, als mein netter und hilfsbereiter Polizist von vorhin den Kopf zum Taxi hineinstreckte und meine Zieldestination nochmal wiederholte, damit sich da keine Probleme ergeben 🙂 .

Den Busbahnhof habe ich anfangs vom Aussehen her mit einem illegalen Spielehinterhof verglichen. Ich kann diese Ansicht inzwischen revidieren, da muss mir wohl der Kulturschock mitgespielt haben: Es sieht aus, wie es für nicaraguanische Busbahnhöfe üblich ist, rumpelige Straßen, wuselnde Straßenverkäufer, brüllende Buschauffeure und von blitzblank sauberen bis hin zu fast auseinander fallenden Bussen ist alles vertreten – solange es sich um Bluebird Ami-Schulbusse handelt. Zum Glück fand ich gleich einen Bus, der mich nach Condega bringen würde, also eingestiegen und auf Abfahrt gewartet. Schon beim hinsetzen bekam ich Probleme mit dem Sitz vor mir, da schlicht und einfach zehn Zentimeter Kniefreiheit fehlten. Nachdem wir aber erst in Estelí soviele Zusteiger hatten, dass es auch mich betraf, saß ich fast die gesamte Fahrt seitlich über zwei Sitze ausgebreitet.

Der vorhin erwähnte Fehler, mit dem Taxler versuchen, auf einen Konsens in Sachen Bus zu kommen, wurde bei den ersten richtigen Steigungen bewusst, auf denen uns ausnahmslos jeder überholte, weil sich der Bus nur noch auf dem Zahnfleisch kriechend fortbewegte. In Zahlen bedeutet das: 10% Steigung, 1. Gang, 5km/h – was auch äquivalent zu 100% „voll doof“ ist. Nach dreieinhalb Stunden Fahrt kam ich endlich in Condega an – normalerweise dauert so eine Fahrt mit dem Express zweieinhalb Stunden. Dazu kam noch, dass der Bus eine Stunde später abfuhr …

Seither ist nicht viel erzählenswertes passiert. Ich habe wieder begonnnen in La Fraternidad zu arbeiten, habe dort Computer gesäubert (unglaublich, wieviel Staub in drei Monaten den Weg in die Maschinen findet), neu aufgesetzt, in Schuss gebracht, an der Homepage für das Projekt und vielen Kleinigkeiten gearbeitet. Zwischendurch hatte ich auch mal eine Woche lang Grippe – wir sagen dazu Husten und Schnupfen – derentwegen ich viel Zeit im Zimmer verbrachte, was auf schräge Blicke und Unverständnis bei der lokalen Bevölkerung gestoßen ist. Es wurde sogar behauptet, dass man dadurch noch länger krank bleibe … ach die Gesundheitsvorstellungen der Nicas 😀 .

Dass mein Visum am 7.2. wieder mal ausläuft hat mir in Erinnerung gerufen, wie schnell die Zeit vergangen ist. Die Halbzeit naht schon und es fühlt sich an als wäre man schon ewig aber doch erst ein paar Tage hier …

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Die kleine Schwester berichtet

Hallihallo an alle interessierten Leser,

ich, Helena, werde nun meinen Bruder vertreten, da dieser zu faul ist Bericht zu erstatten. Dafür hat er jetzt das Vergnügen, Bilder zu suchen, fertig zu machen und das alles gemeinsam auf hochzuladen 😛 . Seit 20.12. am Abend sind wir, ich und mein werter Herr Vater, in Nicaragua. Nach einigen Komplikationen, endlich! Todmüde von der langen Reise ließen wir uns nur noch vom Chauffeur ins Hotel fahren.

Granadas Kathedrale

Am nächsten Tag liefen wir mit der Kirche ums Kreuz zu unserem Mietauto, und dann düsten wir schon los. Die ersten Minuten auf den Straßen waren gleich eine Umstellung; vor allem die vielen Hügeln, die zum langsamer fahren gedacht sind, wurden uns so manches Mal zur Material prüfenden Hürde.

Der leider völlig unbenutzte Strand.

Die erste Station unserer Reise war Granada. Da irrten wir auch einige Zeit ohne Plan durch die Straßen. Ich als reiner Mitfahrer hatte viel zu schauen, die anderen zwei hatten viel zu denken, fluchen und zweifeln. Doch schließlich fanden wir unser Hotel, Hotel Con Corazon, was sich als sehr nett, einladend und gemütlich erwies. Ein Innenhof mit schönem Garten, Hängematten und Plastikchristbaum. Was gibt es schöneres? Wir, voller Tatendrang, liefen gleich in die Stadt um einen zweiten Eindruck von Nicaragua zu erlangen (ausgenommen Fabian natürlich).

Die für Touristen geeignete Hauptstraße

Wie beschreibt man so eine Stadt? Die Straßen sind im Raster angelegt. Abseits der Routen für Touristen sind die Häuser sehr heruntergekommen und die Straßen nicht gerade gesäubert. Straßen wie wir sie kennen gibt es sowieso ganz selten.  Meistens sind es unbefestigte Schotterstraßen die mit Schlaglöchern versetzt sind. Es scheint als würde sich niemand darum kümmern wie es ausschaut, selbst in einer Touristenstadt wie Granada. Nur wenn eine Tür offen war und man hineinschauen konnte zeigte sich die wahre Pracht der Häuser: der Garten. Wie in unserem Hotel waren die Innenhöfe wunderschön grün und einladend, zumindest meistens. Granada liegt am Nicaraguasee. Er ist der zweitgrößte Süßwassersee der Welt und er wirkt tatsächlich wie ein Meer. Außerdem ist er der einzige Süßwassersee in dem Haie wohnen. Zumindest zurzeit. Diese wurden schon für Ausgestorben erklärt, inzwischen gibt es wieder ein paar. Nahe bei Granada ist außerdem ein Vulkan, der Mombacho (1344 m), der aber schon lange erloschen ist.

Der Kaffee wird zum Trocknen in der Sonne ausgebreitet

Am Mittwoch, den 22.12., wollten wir den Mombacho besteigen und wir buchten einen Guide um geheime Fakten oder ähnliches zu erlangen. Tourstart: 9:00 Uhr. Startbereit um, zugegebenermaßen, 9:05 Uhr standen wir bei Anonymus (ich habe seinen Namen vergessen). Dieser meinte aber, dass wir erst um 12:00 Uhr starten könnten. Spontane Busplanänderung oder so. Der Plan, dass wir der größten Hitze entfliehen indem wir am Vormittag wandern, war somit zunichte gemacht. Um 12:00 Uhr starteten wir, dafür pünktlich, Richtung Markt. Wir benutzten den öffentlichen Bus. Ein Erlebnis für sich.

Las Isletas - Granadas 365 Inseln

Nach einer Stunde im Bus wartend neben einer Menge an Straßenverkäufern die uns in den Bus folgten fuhren wir los. Aber dieser Plan wurde ebenso durchkreuzt. Diesmal von Taxifahrern, die die Nase voll haben von was-weiß-denn-ich. Sie organisierten eine Straßensperre. Sehr lustig. Wir gingen also durch die Straßensperre durch und stiegen auf der anderen Seite in einen anderen Bus ein. Bis die Nicaraguaner auf dieses System draufkamen dauerte es jedoch eine Weile. Schlussendlich funktionierte es doch und der Bus wurde wieder bis aufs letzte Eck vollgestopft. An jeder Kreuzung wurde noch jemand aufgegabelt und es war auch gar nicht heiß (sehr witzig). Beim Mombacho angelangt gingen wir 2km rauf bis wir zum „Eintritt“ kamen. Ab da fuhren wir mit Trucks weiter. Das war lustig. Die Wege kann man wirklich nicht als Straßen bezeichnen und so schaukelten wir steil nach oben und wunderten uns immer wieder wie so ein großes Ding das schaffte. Die ersten Affen wurden erblickt und diverse Vögelchen. Bei der Zwischenstation durften wir den Kaffee kosten der direkt dort angepflanzt und getrocknet wurde. Sehr lecker. Dann ging es weiter.  Und wenn ich gesagt habe, dass es im ersten Truck steil bergauf ging dann ist das kein Begriff für den zweiten Truck. Klar die 1344m müssen irgendwie bewältigt werden, aber das, liebe Leser und Leserinnen, war Achterbahn ohne Gurt. Oben angelangt wartete eine kurze Tour um den Krater des Vulkans auf uns, welcher einem Urwald gleicht (Stichwort: Nebelwald).

Panorama vom Mombacho aus

Zurück in Granada wanderten wir eine Zeit lang durch den Markt, was wirklich erschütterte. Die Armut wurde nirgends stärker sichtbar als hier.

Die Affeninsel. Bewohnt von Affen. Na was denn sonst?

Dieser lustige Geselle stapft über Seerosenblätter

Am nächsten Tag, den 23.12., besuchten wir mit einem anderen Guide Las Isletas (zu Deutsch: Die Inselchen). Die Isletas sind der Stadt Granada vorgelagerte Inseln die bei einem Ausbruch des Vulkans Mombacho entstanden sind. Es sind 356 Inseln, eine für jeden Tag. Mit dem Motorboot ging es hinaus auf den See und wir begutachteten einige kleine oder größere Inseln vom Wasser aus. Einige sind der Wohnort für Bauern oder normale bis arme Nicaraguaner. Andere wiederum sind wahre Burgen des Reichtums mit wunderschönem Garten und allem Drum und Dran. Eine der kleinsten Inseln wird die Affeninsel genannt. Als wir näher zu ihr hinfuhren, hüpften die neugierigen Äffchen gleich zu uns, wahrscheinlich mit der Hoffnung etwas Essbares zu bekommen. Angreifen durften wir sie aber nicht, weil sie schon des Öfteren aggressiv wurden. Die Isletas waren wirklich sehenswert; so viele verschiedene Blumen und wunderschöne Bäume – aber der Gegensatz von Arm und Reich erschreckte uns.

Ein Wochenendhaus für die absolute Oberliga

Nach 3-stündiger Autofahrt in den Norden kamen wir schlussendlich in Condega an, dem „Heimatort“ Fabians.

"Das Haus" von der Straße aus gesehen

Das Haus kann man schwer erklären weil wir Eropäer so etwas nun mal nicht kennen. Ein Innenhof stellt sozusagen das Wohnzimmer dar und die Räume des Hauses werden nur verwendet wenn es sein muss. Kochen, essen, schlafen. Selbst das Waschbecken ist Freiluft, mit einem Wellblech abgedeckt. Es gibt nur kaltes Wasser und auf Schönheit wird wirklich nicht geachtet, was auch gar nichts macht. Nur sind wir das nun mal nicht gewohnt. Die Familie ist wirklich nett und gastfreundlich nur hindert uns die Sprachbarriere daran, Freundschaft zu schließen. Und so beschränkt sich unsere Unterhaltung auf „buen dia“, „buenas noches“ und „adiós“. Wenn es mehr zu sagen gibt dolmetscht Fabian, und das macht er gut. Nach anfänglicher Schüchternheit hat sich auch Eneri, die kleinste im Bunde, an uns gewöhnt und wir dürfen sogar auf ihre Puppe aufpassen. Aber am liebsten ist und bleibt ihr „Chaaaaaam“. Ursprünglich hieß er Pachan aber das war anscheinend zu lange. Wie sie von Fabian auf Cham  oder Pachan kommt ist mir ein Rätsel aber man muss nicht alles verstehen.

Soweit für den Anfang. Fortsetzung folgt im nächsten Jahr 😉

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San Jeronimo ist nicht León

Und jetzt, bevor ich ganz alles vergesse noch flott die letzten Ereignisse niedergetippt.

Am Samstag geht es völlig rund. Es kommen Yudiths Ehemann aus den USA, eine Cousine aus Managua und drei Österreicher aus Österreich. Hat manchmal etwas verwirrendes, diese Staatensache. Auf die drei Österreicher bin ich schon sehr gespannt, weil die nämlich ein Treffen mit dem Bürgermeister machen wollen, bei dem ich übersetzen helfen soll – zwei von ihnen sprechen praktisch kein Spanisch.

Am Sonntag wird zum großen Abendessen geladen, bei dem schon verwirktliche, geplante und gewünschte Projekte der Stadtgemeinde vorgestellt werden. Da Condega aber auch ein municipio ist, also quasi ein Bezirk, betreffen die Pläne auch die ländlichen Gegenden. Es wird allerhand erzählt, viele Fragen beantwortet und dabei auch viele neue aufgeworfen. Zum Schluss brummt mir jedenfalls der Schädel, von so vielen Zahlen und Projekten (bis in die Ebenen der nationalen Politik dringen wir vor), die immer wieder hin und her übersetzt werden wollen. Es entsteht aber trotzdem eine recht gemütliche Atmosphäre und insgesamt wirken der Bürgermeister und seine zwei Mitarbeiter aus den Bereichen Finanzen und Projekteplanung sehr kompetent und hilfsbereit. Es wird noch ausgemacht, dass wir uns am nächsten Morgen treffen und dann einige der interessanteren Projekte im Umkreis besuchen werden.

Der Pickup bahnt sich den Weg über Stock und über Stein

Montag früh morgens um halb neun beginnt mit dem Chauffeur der Gemeinde und Julio Manuel, dem Städteplaner die Reise ins Hochland des Bezirkes Condega. Julio und ich auf der Ladefläche des Pickups, die restlichen vier Mitreisenden in der Kabine des Hilux. Der Weg – denn Straße wäre übertrieben – führt durch ausgetrocknete Rinnsale vorangegangener Regenschauer, über völlig zerstörte aber provisorisch reparierte Passagen und durch kleine Ortschaften, in denen man kaum mehr als 50 Häuschen sieht, aber garantiert die Insignien des Kapitalismus: Claro (der aus Spanien stammende, aber auch in Nicaragua größte Mobilfunkanbieter) und Big Cola (immerhin eine nicaraguanische Firma …). Motorisierter Gegenverkehr besteht hauptsächlich aus kleinen LKWs, die Nachschub bringen.

Weil aber nur zweimal am Tag ein Bus fährt, nehmen bis zu drei Autostopper auf der Ladefläche Platz, bis wir dann in San Jeronimo sind, dem Ort, an dem die Straße aufhört, der Bus umdreht und man das Gefühl hat, weiter draußen lebt garantiert niemand mehr. Nach kurzer Pause und Kaffee („Der erste selbst Gemahlene!“, staunen die Kaffeekenner 🙂 ) werden noch ausgiebig mit Ortskundigen über Kaffeeanbau diskutiert und wieder so gewaltig viele Zahlen jongliert, sodass ich nicht mehr sicher bin, welche jetzt wirklich stimmen 😀

Schnell noch ein Foto, dann wieder festkrallen 🙂

Und weil wir ja schließlich Touristen sind, wird dem braven Hilux noch ein extra Gustostückerl an Kletterkunst gegönnt. Ehrlich gesagt hätte ich nicht erwartet, dass wir das Auto wieder heil bis nach oben bringen. Hinten auf der Ladefläche heißt es jetzt noch fester anhalten, um einen unvollendeten Rückwärtssalto in Gebüsch oder Böschung zu verhindern, einmal hört man gar den Unterboden des Autos mit Felsen streiten. Die Tortur lohnt sich trotz der zwischen Be- und Verwunderung pendelnden Blicke der Ortsansässigen allemal. Man sieht außerdem an einer sehr weit entfernten Rauchsäulen und den bewirtschafteten Hängen der umliegenden Hügel, dass es dort draußen also sehr wohl noch menschliches Leben geben muss. Es hat auch weniger als 20 Grad Celsius, was für nicaraguanische Verhältnisse schon frisch ist 😀

Der Ausblick wird lediglich durch Dunst beschränkt

Ja, da hängen noch die Müllmänner oben drauf 😀

Auf dem Rückweg wird gerast, was das Material hergibt, auf der Ladefläche macht einem das am schlimmsten zu schaffen. Kurz noch ein Halt bei der städtischen Müllhalde, auf der zufällig gerade das Müllauto seine Fracht ablädt. Als Müllauto fungiert ein normaler Kipplaster, als Müllhalde ein Grundstück außerhalb der Stadt. Eine große Überraschung ist die Tatsache, dass Müll getrennt wird. Zwar wird nur von zwei Arbeitern Plastik und Metall rausgepickt um selbiges an Dritte zu verkaufen, aber immerhin weiß auch die Stadtregierung schon von dem Problem und überlegt sich jetzt schon, was man dagegen machen könnte.

Nach einem kurzen Besuch im Projek La Fraternidad wird ein kleiner Restaurant-Imbiss aufgesucht um Mittag zu essen, danach geht es aber schon wieder weiter nach … naja, Dings halt. Dort wurde ein Brunnen elektrifiziert, der jetzt Wasser in höhergelegen Tanks pumpt um Wasserleitungen bis in alle Häuser zu ermöglichen. Und mit dem letzten Projekt, einer Schule etwa zehn Kilometer außerhalb Condegas, geht der ereignisreiche Tag auch schon wieder zu Ende. Wär ja fast fade geworden 😀

Am Dienstag geht es dann an die Reise nach León. Unterwegs sind die drei Österreicher, Angelika und ich. Der Bus nach Estelí ist noch nicht weiter ungewöhnlich, die Reise in dem Minibus, mit zwölf Sitzplätzen plus Fahrer, in dem wir dann zu neunzehnt plus Fahrer unterwegs sind, ist schon ereignisreicher. Liegt auch daran, dass ich gegen die Fahrtrichtung auf einem Farbkübel und einer Henne in Plastiksack gegenüber sitze, die hin und wieder von ihrer Besitzerin mit Wasser oder Mais versorgt wird. „Das Henderl wird eine Suppe“ wird uns erklärt 🙂

León - Mittelamerikas älteste und größte Kathedrale

Die Straße nach Leon ist übersäht mit Schlaglöchern, die sich in Größen zwischen Handtaschenratten und mittelgroßer Einbauküche bewegen. Ist dem Fahrer natürlich quasi egal, der umkurvt gekonnt selbst bei brenzliger Gegenverkehrslage alle Löcher, die nicht die ganze Straße einnehmen. Kurz vor León erreichen wir das Ende eines Staus, dessen Anfang nicht erkennbar ist. Dem Fahrer ist das wieder mal egal und wir düsen lässig an der stehenden Kolonne vorbei, bis wir entdecken, dass demonstrierende Taxifahrer die Straße blockieren um Aufmerksamkeit zu erregen. Trotzdem sich eine Passagierin plötzlich ganz krank gibt, werden wir nicht durch gelassen, also stehen wir im Graben und warten ab. Inzwischen steigen die drei nikotinsüchtigen Österreicher und ich aus um uns das etwas genauer anzusehen. Etwas gruselig ist die Geschichte schon, weil einige der Männer maskiert unterwegs sind und auch der Großteil recht unbequem wirkende Baseballschläger oder Eisenstangen mit sich schleppt. Als aber Alex seine Kamera auspackt um die Situation für die Nachwelt festzuhalten sind die Demonstranten kaum noch zu halten: Alle wollen posend auf ein Foto des Ausländers 😀 . Kurz danach wird auch wieder mal kurz die Blockade aufgemacht, wobei uns natürlich die Poleposition gut tut, die der freche Fahrer sich erarbeitet hat – wer weiß, wie lange wir sonst gewartet hätten …

In León machen wir uns nach dem obligatorischen Hitzeschock erst mal auf den Weg zum Hotel. Der ist aber ganz schön weit ohne detaillierten Plan und ohne Taxi müssen wir feststellen, also fragen wir ein paar Männer am Straßenrand. Einer bietet sofort an, uns mit seinem Pferdewagen dorthin zu fahren. Weil wir ihm glauben müssen, dass es noch ein ganz schönes Stück ist, steigen wir auf und müssen schon um die Gesundheit des ziehenden Mulis fürchten, als der Fahrer es durch die Straßen traben lässt. Wir kommen aber gut an und können nach der Einquartierung schon einen kleinen Stadtrundgang machen.

So sieht die Ausstellung der großen Legenden aus ...

Ein kurzes Mittagessen in einer sehr amerikanisch wirkenden Pizzafiliale hält uns nur kurz vom Hauptplatz fern, wo wir dann nach einer kleinen Runde (Kathedrale besichtigen verlangt ein zu zahlendes Ticket – also dann halt nicht 🙂 ) einen Rundgang im sandinistischen Museum machen. Das war schon eher erschreckend, denn für die große Revolution, dessen Nachfolger jetzt León und sogar ganz Nicaragua regieren, sieht es eigentlich armselig aus. Ein einziger Raum, mit an die Wände geklebte Zeitungsartikel und Fotos, dafür aber ein leidenschaftlicher und mit allen Zahlen ausgerüsteter Sandinist, der uns durch die Halle geleitet. Zum Abschluss der Geschichtestunde werden wir noch durch den Rest des riesigen aber leeren Gebäudes geführt, welches früher einmal das Bürgermeisteramt oder der Regierungspalast war (León war ein paar mal Hauptstadt Nicaraguas).

Aufs Dach, bitte hier entlang ...

Und den Schluss vom Abschluss bildet dann ein Ausflug auf das Dach und damit über die Stadt. Dort wird noch ein wenig geplänkelt, Zigaretten geraucht und die sandinistische Hymne gesungen. Das scheitert zwar an der zweiten Strophe, weil keiner den Text der besungenen Version in petto hat und in León eine veränderte Version bekannt ist, macht aber offensichtlich trotzdem Spaß 😀

Der Abend verspricht interessant zu werden, treffen wir uns doch mit Elmer Zelaya, dem Chef von CHICA, welches österreichische Entwicklungshilfe in Nicaragua abwickelt. Nachdem ich aber schon drei Tage lang im Dienste der Übersetzung stehe, im Restaurant eine Band ihr Bestes versucht und ich am anderen Ende des Tisches sitze fällt unsere gemeinsame Gesprächszeit eher kurz aus. Na gut, ich hatte sowieso vor, ihn am 13. Dezember offiziell zu besuchen.

Am nächsten Tag wird noch ein von der Hotelbelegschaft improvisiertes Frühstück mit ständigen Toastnachschubproblemen konsumiert, dann verabschieden sich Angelika und ich schon wieder von den drei Reisenden, die jetzt Managua und Meer suchen.

Den Weg zum Busterminal legen wir diesmal in einem öffentlichen Bus zurück, weil ja immer noch keine Taxis unterwegs sind. Bus heißt in León – bei großen Linien – ausrangierte Stadtbusse aus den USA oder – bei kleinen Linien – umgebaute Kleinlaster, die auf der Ladefläche mittels Gerüst und Abdeckplane versuchen die ebendort transportierten Fahrgäste vor eventuellen Launen des Wetters zu schützen. Am Busbahnhof gibt es dann kurze Verwirrung, bis wir sicherstellen können, dass der Bus nach Estelí erst in einer Stunde abfährt. Noch dazu ein großer Schulbus, kein kleiner Spucki. Schon die Nummerierung der Sitze lässt Schreckliches vermuten: Es sollen drei Menschen pro Sitzbank Platz darauf finden. Es bestätigt sich die Befürchtung, der Bus wird bis zum letzten Stehplatz angefüllt und fährt dann erst los. Die Blockade von gestern ist immer noch da, wir passieren sie auch wieder ähnlich souverän. Die Reise selbst ist die bisher Grausamste, eingepfercht zwischen Motorbox, Fahrersessel und zwei Personen schläft einem der Arsch buchstäblich ein. Aber wir kommen schlussendlich trotzdem an 😐 .

Der Bus von Estelí nach Condega wird dann noch mal eben schnell von zwei Taschendieben durchgefilzt, was uns beiden inzwischen Übervorsichtigen natürlich nichts anhaben kann. Allerdings wird bis Condega so lebhaft diskutiert, wie ich es bisher noch nicht erlebt habe, weil im Normalfall die Hälfte der Menschen schläft oder so tut als ob.

Gut, ich hätte also meine Erlebniswoche abgehandelt!

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Wochenend und Sonnenschein …

Samstag
Das Wochenende hat natürlich schon was für sich. Auch wenn es die Sonne nicht schafft, sich ein Hoheitsrecht über den Regen zu verschaffen. Lediglich Besuche werden vereinzelt gestattet. Am Samstag wird der Schock über die Spinne verdaut und ein bisschen gefaulenzt. Zumindest ich tue das. Der Rest der Familie ist mit Vorbereitungen für ein Abschiedsfest beschäftigt. Es fliegt nämlich Christa nach hause, die hier für sechs Wochen bei „meiner“ Gastfamilie gewohnt hat. Und nachdem sie jedes Jahr hier her kommt (seit immerhin 20 Jahren), wird das Fest auch ein bisschen größer aufgezogen.

Es sieht aus wie eine Geburtstagsparty samt Piñata*) und Gesicht-in-die-Torte-drücken. Das gehört dazu und steht auch mir bevor, wenn ich am 27. (also am Freitag) meinen 20. gleich mindestens doppelt feiern darf (einmal mit der Familie meiner Gastfamilie und mindestens einmal im Fraternidad, vielleicht sogar zweimal, falls es wieder getrennte Partys gibt; mir wurde jedenfalls versichert, dass zwei Piñatas schon bereithängen). Ist auf jeden Fall lustig, auch wenn dabei die halbe Torte dran glauben muss 🙂

Am Abend bleiben noch ein paar Gäste des Festes auf einen Plausch, der sich bald zu einer Kuriositätenpartie entwickelt: Jeder zeigt, was er absurdes kann und die Anderen versuchen es auch. Zum Beispiel Jonglieren, Ohrenwackeln, Mit-der-Zunge-die-Nase-berühren und lauter so Sachen. Das Jonglieren kommt natürlich von mir und wird vom Jüngsten, Jóse, fasziniert aufgenommen. Aber es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen sagen manche Leute und heute behalten sie recht: Er tut sich wahnsinnig schwer, die Anfangsübungen hinzubekommen. Ich bin aber sicher, dass er es mit aller Gewalt weiter versuchen wird – so wie fast alle Kinder im Bann des Jonglierens. Das übrigens „malabarismo“ auf spanische heißt.

Sonntag
Am Sonntag geht es auf die Reise nach Managua, um die eben mit einem Fest Verabschiedete zum Flughafen zu begleiten und wirklich und endgültig zu verabschieden. Um 10 geht es los, der Pickup von der Álcaldia (Rathaus, für alle die’s vergessen haben 😉 )kommt. Ein neues und vor Kraft strotzendes Auto, die es auch brauchen wird, denn es fahren 10 Leute plus Fahrer mit. Natürlich passen nur 5 plus Fahrer in das Auto, der Rest (auch ich 🙂 ) muss auf der Ladefläche Platz nehmen. Keine Sitze, keine Gurte dafür ein Kissen und frische Luft. Viel frische Luft.

Die frische Luft wird immer mehr, bis bei ungefähr 100km/h ein Kapperl abhebt und kurz darauf am Horizont verschwindet. Das ist aber zum Glück das einzige das verschwindet. Der Regen dafür ist eher ungut, nur drei (auch ich 🙂 ) sitzen im schützenden Windschatten des Führerhauses. Aber auf dem Weg durch die Orte, wo Geschwindigkeit 45 gilt (was dann auf 50-60 hinausläuft) fällt dieser Windschatten ungünstig ab und somit trifft der Regen auch uns. Immerhin gut gerüstet harren wir aus, während vielleicht sogar die Insaßen des Wagens mehr leiden als wir.

Auf halben Weg unserer dreistündigen Reise durch die Wolkenlöcher wird eine Plane gekauft, damit wir uns bei erneuten Regengüssen verstecken können. Bis Managua taucht daraufhin natürlich kein einziger Tropfen mehr auf. Am Flughafen wird eingecheckt, gegessen und verabschiedet, bis Christa endgültig verschwunden ist und der Fahrer schon grimmig schaut. Wieder allez hop auf den Pickup geschwungen, wieder nach hause.

Schon bald kommt wieder Regen auf, die Plane wird ausgepackt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, weil sie ja nicht abheben soll, fürs totale Einwickeln aber zu kurz ist schließt sich die Plane. Aber nicht ganz: Der letzte Teil flattert wie wild im Wind, macht flatternden und knatternden Lärm und lässt sich nicht einfangen, bis vor lauter Lachkrampf unter der Plane fast nichts mehr geht. Am Schluss haben wir den Bogen raus und können das Leck schließen, da ist aber der Regen schon fast ganz vorbei. Das Spiel wiederholt sich noch ein paar mal, aber schon ohne Lachkrampf.

Um 6 kommen wir zuhause an und alle steigen wie gerädert aus oder ab. Erst jetzt merke ich einen gewaltigen Sonnenbrand auf meinen Knien. Ich hatte ja schließlich meine kurze Hose an, die der Sonne anbot, sich auf ihnen auszutoben. Gesicht und Arme bekamen vor der Abfahrt eine Sonderbehandlung mit der Sonnencreme, aber die Knie? Wozu? Naja … um keinen Sonnenbrand zu bekommen, vielleicht … 😀

Bemerkung am Rande: Die meisten Autos hier sind Taxis oder geländegängig. Und bei den Geländewagen überwiegt Toyota überwiegend. Und da dann die Wagenreihe Hilux. Was ich ob der Amerikanisierung eigentlich nicht erwartet hatte.
Und noch weiter am Rand: Was ist eigentlich die Mehrzahl von Hilux? Hiluxi, Hiluxe, Hiluxis, … ?

Montag
Heute nehme ich meine Jonglierbälle auch ins Projekt mit, um dort ein bisschen Stimmung zu machen. Aber dort bin ich natürlich mit fünf Bällen ein bisschen in der Unterzahl, deshalb entwickeln sich schnell völlig verrückte und teilweise willkürliche Spiele, die mehrere Kinder einbinden. Weil die Bälle halt auch so schön bunt und weich sind 🙂
Morgen gehts dann ans Eingemachte, da basteln wir dann Jonglierbälle aus Luftballonen und Sand oder Reis. Eher Sand, wegen des Gedankens ans Essen, aber eher Reis, wegen des Gedankens an Gewicht und Festigkeit. Mal schaun.

Ach ja! Und zum Abendessen erscheint heute plötzlich auch ein riesiger Maribosa, also ein Schmetterling. 15cm Flügelspannweite wollen das Licht aus der Neonröhre fangen, bis es erlischt und sie wieder bei der Tür hinausfliegen. Und die Anwesenden bestaunen mein Staunen und die anschließende Erklärung, wie klein die Tierchen bei uns nur werden. Schade eigentlich 😦

*) Pinata – Ein Tongefäß, das mit Süßigkeiten gefüllt, mit Pappmaché verziert und mit einer Schnur an einem Baum oder unter dem Dach befestigt wird. Und dann wird mit einem Stock – Augen verbunden – auf das Ding eingedroschen, damit die Süßigkeiten rauskönnen. Die dann von den Kindern unter wüstem Geschrei eingesammelt werden, während der „Drescher“ unter Umständen noch gar keine Ahnung davon hat, weil das Geschrei schon die ganze Zeit so dahin geht. Tips oder falsche Fährten werden da zugerufen: „Vorne!“, „Hinten!“, „Oben!“ oder „Unten!“ sind nur die Häufigsten.

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Managua + Condega = Nicaragua

Chronologisch der Reihe nach: Der Flug von Miami nach Managua ist der absolut genialste überhaupt und jemals und sowieso. Nach ungefähr einer halben Stunde Flug und Schlaf geht im Osten die Sonne auf. Das ist soweit nicht ungewöhnlich, sollte jeden Tag so sein. Das ungewöhnliche dabei ist, dass man 2 Stunden mit der Sonne fliegt, folglich also den Sonnenaufgang enorm in die Länge zieht. Und das ist dermaßen schön … unbeschreiblich. Ich hoffe, dass immerhin ein, zwei Bilder was geworden sind.

10US$ für die Einreise, ein einziges Gepäckband, schon ist der Hokuspokus vorbei. Draußen wartet ein junger Mann mit einem Schild auf mich. Auf dem Weg zu einer Transportmöglickeit treffen wir dessen Cousin, der uns zum Busbahnhof bringen will. Auf dem Weg zu dessen Auto hält ein Taxi und überredet „uns“ mit ihm zu fahren. So ist das mit Zusagen in Nicaragua 😀
Managua ist laut, heiß und es liegt ein Duft in der Luft, den man nicht als angenehm bezeichnen kann: Brennendes Allerlei gemischt mit Abgasen, die jeder europäischen Norm den Brechreiz bescheren würden.

Auf dem Weg zum Busbahnhof fällt auf, dass die meisten Busse jenen Schulbussen aus den amerikanischen Filmen der 50er-Jahre ähneln; lediglich wild bemalt und oft in technisch nicht ganz einwandfreiem Zustand. Der Zustand der Straße erklärt auch, warum so viele Geländewagen unterwegs sind.

Der Busbahnhof selbst sieht aus wie der Eingang zu einem illegalen Spielehinterhof. Drinnen wuseln geschäftige Straßenverkäufer und Fahrgäste um die teilweise antik anmutenden, amerikanischen Schulbusse. Auf dem Weg zum Fahrkartenschalter überzeugen uns zwei junge Herren, dass doch der andere Schalter viel besser geeignet wäre, einzukaufen. Ob das an einer Abmachung mit dem Schaltermenschen oder an der Zieldestination liegt, vermag mein Spanisch nicht zu verstehen.

Überhaupt ist mir nach zwei Tagen englisch-deutschen Verwirrungen der Sinn für Spanisch abhanden gekommen. Nichts geht mehr, wenn mir meine Begleitung etwas zu erklären versucht. Aber immerhin komme ich zum richtigen Bus und ich verstehe, dass ich am besten das Ticket nicht verlieren sollte.

Der dicke Rucksack und meine offensichtliche fremde Nationalität machen mich zum Blickfang im Bus. Da versteht man dann auch gleich, wieso ich das System mit den Sitzen nicht sofort begriffen habe und also am falschen Platz platz genommen habe. Also wieder umschichten, umsitzen, warte auf die Abfahrt. Kurz vor der Abfahrt ziehen nochmal die Verkäufer durch den Bus und bieten Fruchtsalate und diverse unidentifizierbare Sackerl mit Essen an. Der Preis ist stark von der Nachfrage abhängig: Beim Betreten kostet ein Sackerl gelbes Irgendwas-mit-Käse 7 Cordoba, bei der Tour hinaus nur noch 5. Und damit sind nicht 5 Städte der deutschen Schmach gemeint, sondern die Landeswährung, versteht sich.

Die Fahrt wird zum wilden Ritt. Es wird ständig gehupt, zum Auf-einen-Aufmerksam machen, zum Überprüfen, ob Leute am Straßenrand zusteigen wollen und natürlich zum Aufregen über andere Teilnehmer im Straßenverkehr. Der ist genau das, was man erwartet: Laut, hektisch und gefährlich. Da wird überholt, obwohl die Kiste nichts mehr hergibt und schon ein Gegner in Sicht ist. Dieser lichthupt einen dann an, bremst aber vorsichtshalber natürlich schon ein. Überhaupt wird gerast, was das Material hergibt, sieht man dann auch am Auspuff, beziehungsweise den schwarzen Abgaswolken, die sich daraus hervorquälen.

Grundsätzlich fährt auf der Panamerikana, die an Condega vorbei führt, alles was fahren kann, geht, wer es sich nicht leisten kann zu fahren, oder nicht weit hat und steht um die geöffnete Motorhaube, die gebrochene Achse oder den geplatzten Reifen, wer liegengeblieben ist. Grundsätzlich wird jede Geschwindigkeitsgrenze vorsätzlich überschritten, ob die Polizei nun zuschaut, oder nicht.
Nach ein paar Kilometern stellt sich ein Mann neben mich und fängt an zu erzählen. Ich hätte gerne Oropax bei der Hand gehabt, so interessant war es nun auch wieder nicht, was er zu verkünden hatte. Zuerst irgend ein Job, wo man ins internationale Fernsehen kommt (ich befürchte, ich weiß welche Sparte …) und Cola (das so gut für die Gesundheit sein soll, mit Blut anregen und sowas). Den Wechsel auf die esoterischen Heilmittel hab ich irgendwie verpasst und zum Schluss hat er Hefterl ausgeteilt, was man bei ihm denn alles tolles kaufen kann. Wasser von dort, Bohnen von da und alles soooo super, heilt jenes und dieses und alles mit Berichten aufgefettet über anonyme, alte Damen.

Angekommen in Condega steht man am Straßenrand und tut wie einem geheißen: Blöd schaun, wird schon jemand warten. Tatsächlich kommt meine Gastgeberin Martha promt daher, nimmt mir meinen „kleinen“ Rucksack ab und führt mich „nach hause“. Der Eingang ins Haus führt durch das kleine Geschäft, das ungefähr einem Kreisler entsprechen würde: Es gibt alles inklusive persönliche Behandlung.
Das Haus ist im Vergleich zu anderen in der Siedlung groß und luxuriös ausgestattet: Eigener Wassertank schafft Unabhängigkeit von der unbeständigen Wasserleitung der Stadt, Wiese (die ja die Trockenzeit über gegossen werden muss) im Garten und Internet im Haus.

Nach dem Mittagessen gehts dann ins Projekt, erstes Mal besichtigen und Kochkurs einweihen. Ist der erste dieser Art und soll den Kindern und Eltern neue Rezepte beibringen, da viele nur Reis und Bohnen kennen. Es gibt Gemüselaberl mit Soße Jalapeña, die ein bisserl scharf ist, aber wirklich nur ein bisserl … Grisu hätte seinen Spaß daran.

Die Kids sind sich alle noch nicht ganz sicher, was sie mit mir anfangen sollen: Mit mir reden traut sich nur ein ungefähr 13-jähriger Bursch (Name schon wieder vergessen …), bei dem ich die Hälfte nicht verstehe, weil er undeutlich und kompliziert redet. Zumindest für mich, der ich Probleme habe mir einfachste Wörter in Erinnerung zu rufen. Da zeigen die 27 (?) Stunden ohne Schlaf ihre Wirkung …
Ungewohnt ist dabei die Sie-Form. Man wird hier sehr lange bis eigentlich nur gesiezt. Sogar den Hund redet man mit Sie an, innerhalb der Familie kann es auch manchmal vorkommen, dass sich ein Sie einschleicht. Das ist insofern verstörend, als man im Gespräch mit Kindern gewohnt ist mit Du zu „arbeiten“ und im Spanischunterricht immer eher die Du-Form lernt.

Flora und Fauna haben es hier gut, solange sie nicht von Plastiksackerl oder anderen menschlichen Einflüssen gestört werden. Schon bei der Busfahrt fällt die Vielfalt und Vielzahl an Schmetterlingen auf. Wie groß sie allerdings sind, glaubt man anfangs einfach nicht: Exemplare mit Spannweiten von 10cm habe ich selbst schon gesichtet, es soll allerdings  sogar welche mit 20cm geben. Im Garten gibt es Bananenstauden, die ohne Pflege dahinwachsen, einen Mangobaum, der gerade nicht in der tragenden Saison verweilt und einige andere Pflanzen, die mir völlig unbekannt sind.

Zum Essen gibt es jedes Mal frischen Saft aus heimischen Früchten (Bananen, Ananas, Orangen und Mangos waren bisher dabei), Mittagessen und Abendessen gibt es irgend etwas gekochtes, was man bei uns nicht, oder zumindest nicht so kennt.

Es gibt sogar W-LAN im Haus, dieses verlangt aber einen Schlüssel, den niemand kennt und überhaupt ist es bisher nur einer Person gelungen, ihn herauszufinden … und wieder zu vergessen …
Das ist auch der Grund, weshalb es bis dato keine Bilder zu diesem Eintrag gibt: Windows kennt den LAN-Anschluss nicht und in Ubuntu kann ich leider die Bilder nicht durchschauen. Morgen früh (also abends für die Europäer) werd ich mich dazu setzen

Apropos  Trockenzeit: Davon ist zurzeit – Stichwort Regenzeit – keine Rede. Es regnet am Nachmittag, am Abend und vermutlich auch in der Nacht. Aktuell auch wieder, drum wird grad eifrig die trocknende Wäsche aus dem Garten unters Vordach geholt damits nicht ganz umsonst dort gehangen hat.
Auch aktuell haben die Gelsen, von denen es hier auch gleich zwei verschiedene Arten gibt ihren Spaß daran, mich zu ärgern. Dass die Biester gleich durch T-Shirts durch stechen hab ich auch schon erfahren müssen …

So, das wars auch schon wieder, ich werd mich aufs Ohr hauen, mir hängt immer noch der Schlaf nach.

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Miami

Miami
So ein Wechselbad an Gefühlen (Langeweile, Stress und Belustigung, vom Abschied ganz zu schweigen) und physischen Extremsituationen (Sitzen und ewig gehen) erlebt man selten. In Wien gibts schon Probleme, den Air-Berlin-Schalter zu finden, weil von der Maschekseitn her nichts zu sehen war. Der Billa versteckt sich auch noch gut, das wars in Wien aber auch schon wieder.
In Düsseldorf herrscht Labyrinth: Man lässt die auscheckenden, nicht weiterreisenden Leute bei der ersten Station aus dem Bus, der vom Flugzeug kommt. Die zweite Station (für uns, die wir weiterreisen) ist ungefähr 500m weiter. Dort geht man zwei Stockwerke hinauf … und … mehr als 1km wieder dorthin zurück, wo der Bus gerade hergekommen ist, man sieht sogar die erste Ausstiegsstelle 5m unter einem vorbeiziehen.
Tja … der Flug nach Miami ist ja jetzt nicht sooo der Knaller. Es ist eng, kalt, hoch, das Essen … naja, Flugzeugessen halt und überhaupt. Man merkt immerhin schon, dass die Hälfte der Leute englisch kommuniziert, was die Flugbegleiter – zum Leidwesen der anderssprechenden, aber zur Belustigung meiner Wenigkeit – gekonnt ignorieren. Aber an Schlafen nicht zu denken, könnt ja was ohne mich passieren …
In Miami dann der nächste Sprint über 500m zum Einreiseservice der USA. Und das ist sooo super, dass man sich gleich eine Viertelstunde anstellen darf, obwohl man eh bei den ersten 50 dabei ist. Möchte ja gar nicht wissen, wie lang man steht, wenn soviele Leute drin stehn, wie reinpassen, in die Ankunftshalle. Wenn man dann noch einen Schalter erwischt, wo sich auf einmal der Beamte verzupft – austreten, kiffen, blöd schaun, ich weiß es nicht – darf man natürlich nicht die Schlange wechseln, weil sonst kommt der Beamte der neuen Schlange und erklärt, dass man da nicht einfach Schlangen tauschen kann. Wär ja sonst wie im Tierhandel! Weil da wärn sie auf einmal die Schlangensteher, die Amis. Aber man darf ihnen dann getrost ein paar Schmierer auf die leuchtende Scheibe tapsen (Fingerabdrücke beider Hände), die Kamera bezirzen (aber bitte ohne Brille!) und Fragen zum Grund der Reise beantworten (geht die ja eigentlich gar nix an!).
Beim Gepäckband wartet man dann vergeblich auf sein Gepäck, weil das nämlich – wider der Aussage des Wiener Schaltermenschen – durchgecheckt wurde. Nagut, fällt halt das Schleppen weg – schade 😛 . Der Schalter zum Check-In bei Taca hat sowieso bis 2am (also in der Früh) geschlossen.
Nachdem ich aber keinen Bus finden kann, der mich auch wieder bis 5 Uhr Früh zum Flughafen zurückbringt, fällt die Reise nach Downtown flach, ist ja eh viel zu heiß, außerhalb der Gefriertruhe, Marke Miami International Airport.
Außerdem fallen neben den winterlichen Bedingungen innerhalb des gesamten Airports, die dicken Brummer von Autos auf, die draußen vorbeituckern und die unglaublich coolen Sicherheitsbeamten (da gibt’s ja unglaublich viele verschiedene, in den verschiedensten Stufen der Bewaffnung). Lästig ist – als Linzer ist man da verwöhnt, ich weiß – dass das WiFi zu zahlen ist. Nein, halt: wäre 😉
Aktuell schwirrt ein kleiner Spielzeughubschrauber durch die Halle, so ein kleiner, unkaputtbarer. Dem vernichtenden Blick der Dame hinter der Fernbedienung nach, handelt es sich um eine neue Überwachungsdrohne mit wahnsinnig gefährlicher Bewaffnung. Ist mir unerklärlich, wie man so wenig Spaß daran haben kann 😀

Apropos Junkfood - Jeder Sitz hat einen eigenen Getränkehalter

Der Hubschrauber lenkt aber nur davon ab, was ich eigentlich schreiben wollte: Und zwar, dass beinahe die Hälfte der Menschen auf diesem Flughafen spanisch parliert. Ich verstehe nicht die Bohne, weil die nicht mit mir reden, unbekanntes Vokabular verwenden und die Hälfte verschlucken. Ob wegen Junkfood, Bart oder zu schneller Zunge ist individuell verschieden

Der Amerikanische Traum von der Bewegungslosigkeit

Ein weiteres Kuriosum: Die Rolltreppen sind normal breit, während die Nichtrolltreppen ungefähr Platz für zwei Menschen, also einen einzigen Amerikaner bieten. Ich vermute, dass bei Stromausfall eine Ampel aufgestellt werden muss, damit da nichts Gröberes passiert. Die müsste dann allerdings Handbetrieben sein. Oder Strampelbetrieben. Und es würde garantiert eine weitere Person benötigt, damit ein Ventilator am Laufen gehalten wird. Und noch eine Person für alle Fälle. Was hier überall Angestellte durch die Gegend stehen, lehnen und latschen ist gigantisch!

Tja ... das sieht mir sehr nach subventionierter Beschäftigungspolitik aus ...

Und die nette Dame aus dem Lautsprecher verkündet wieder die viertelstündliche Lokalzeit: „8 30 pm“. Meine Computeruhr ist noch nicht umgestellt, die zeigt noch 2:30 an 🙂

Ab hier wirds kurios und wenig von Bedeutung. Hauptsächlich, um nicht einzuschlafen und den neuen Notebookakku zu bewundern 😉
24:36 Jetzt noch 3 Stunden tot geschlagen … hoffentlich hat Genf nichts dagegen. Also, Parkhäuser ham die, da sind unsere Größten ein Lerchalschas dagegen. Aber ohne Stativ und gscheite Motive is auch dort nicht soo wahnsinnig viel rauszuholen …

Platz ist doch ein bisserl viel 🙂

Lustig finde ich, dass die „echten Cops“ mit Desert Eagle (Ist doch die Coppistole schlechthin in den USA, oder?), Handschellen und Stempel ausgerüstet sind. Nur für den Notfall vermute ich, wenn mal ein militantes Kind mit Rehäuglein daherkommt, damits gar nicht erst soweit kommt, dass sich die Innenministerin um Kopf und Kragen reden muss.
Und sonst laufen nur schräge Vögel durch die Gänge. Präventiv merke ich an, dass ich nicht laufe, sondern sitze 😛 . Der Prozentsatz an Spanischsprechenden ist inzwischen bei annähernd 100%, sind halt vermutlich die billigeren Arbeitskräfte …
0:25
GRRRR!! Nicht … einschlafen … dürfen! Um 1 sperrt der Schalter planmäßig auf.
1:30
Geröllheimer stellt die Schlangen auf. Auf den Bildschirmen ist gestanden „Scheduled to begin Check-In at 1AM“. Das ist inzwischen eingetreten. Also, das „1AM“, nicht das „begin Check-In“ Jetzt lässt er sich alle Zeit der Welt, eine Dame in Sicherheitsoutfit schaut ihm zu, als wärs total spannend.
1:55
Ich glaube jetzt passts ihm dann, so wie es steht. Naja, da noch ein Zentimeter, hier noch ein Bandl gscheit einhängen. Und los gehts! Doch nicht … Ich werd mir jedenfalls einen Fensterplatz krallen. Hab bisher keinen gehabt, obwohl rund um mich niemand auch nur irgendwie aus dem Fenster gelugt hat. Vor lauter Schlafen …
2:00
Geröllheimer verdrückt sich wieder. Hat wohl Besseres zu tun, als mir Fensterplätze zukommen zu lassen. Andererseits hätte es mich stark gewundert, wenn der hinter die Budel gekraxelt wär, da hättens ausbauen müssen 😛 … tjaja, die späte Stund hat irgendwas giftiges im Mund.
2:15
Geröllheimer hat es sich doch hinterm Tresen bequem gemacht. Aber auch nicht mehr. Doch: Er schaut bös. Und pfeift. Die Schlangenverschlangelung, die er um halb zwei aufgebaut hat ist inzwischen voller Wartender. Und das, obwohl der Flug um 5:11 geht. Eine verdächtige Lady mit Taca-roter Kleidung quatscht mit Rölli und verzieht sich wieder. Jetz kommt eine, die schaut nicht wirklich ausgeschlafen aus. Wird ja heiter, da Wünsche anzusetzen 🙂 . Aber da naht Barney! Der dürfte typisch amerikanisch sein: Watschelgang und Fassform 😀 . Und eine kleine gütig guckende Mexikanerin. Eine richtige Nanny wie Hollywood sie uns zeigt …
2:20
Die schaffen es tatsächlich, gegen die Hundedackelblicke aus der ersten Reihe der Schlange stand zu halten … Aber jetzt ist Action!
3:00
Nachdem so akribisch auf jedes Gramm und jeden Zentimeter geachtet wurde, erwarte ich frühstückstechnisch nicht zu viel. – NEWSFLASH: Fetter, schwarzer Cop auf Segway vorbeigezogen! Selten so was dämliches gesehen 😀 – Und drum hab ich mir auf jeden Fall ein typisches Ami-Frühstück zugelegt (ist eh das einzige Geschäft das offen ist zur Zeit): Zwei Donuts und eine heiße, nein: glühende Schokolade.

Zucker + grausliche Farben = DONUT!

Weils mir gerade wieder auffält: Zwischen den lautstarken Ansagen über Sicherheit und blabla (zweisprachig 😉 ), plätschert gemütlich Loungemusik dahin. Die ist richtig … grässlich, um es in Worte von Marvin, den depressiven Roboter zu kleiden. Und Bernd das Brot hätte seine Freude damit nur für die Leuchtkugelnummer müsste er die wohldesignet Werbetafeln hernehmen. Aber im neuen Teil des Flughafens (ist nämlich nur unübersichtlich, nicht groß 😀 ) stehen sogar superstylische, völlig unbrauchbare Sitz…dinger.
3:15 Scheiß Fortschritt! Ich bin schon zum zweiten Mal auf den Becher reingefallen! Der ist aus wahnsinnig isolierendem Material und greift sich draußen recht schön kuschelig warm an … da verbrennts dir sofort als Strafe die Schnute …

MOOOOOMENT! Ich sollt vielleicht nicht so viel spammen …
Nur noch kurz: Allein die beiden Donuts und die Vorstellung, dass es im Kopf 9:18 ist haben mich wieder munter gemacht 😀

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